Nachrichten Vermietung für kurze Zeiträume

Wie Airbnb in Brüssel Lobbyarbeit betreibt

Die Plattformen zur Vermietung für kurze Zeiträume haben schnell verstanden, wie wichtig es ist, Einfluss auf die europäischen Einrichtungen zu nehmen, die mit ihrer Regulierung beauftragt sind. Folglich haben sie beschlossen, die notwendigen Mittel dafür bereitzustellen.

Veröffentlicht am 17 Mai 2018 um 22:54

„Dies ist ein Ausrutscher, den das europäische Recht nicht unbestraft lassen sollte. So reagierte der französische Nationale Bund für die Förderung von Ferienunterkünften (Union Nationale pour la Promotion de Location de Vacances, kurz UNPLV), einem Zusammenschluss von Kurzzeitvermietungs-Plattformen wie Airbnb, HomeAway und TripAdvisor auf das im vergangenen April präsentierte Elan-Gesetz (welches die Verantwortung der digitalen Tourismusakteure stärken soll).

Die europäische Ebene ist in der Tat zu einer strategischen Herausforderung für diese Plattformen geworden. Die Organisation Corporate Europe Observatory (CEO) offenbart, wie diese die Europäische Kommission nutzen wollen, um die von den europäischen Städten zum Schutz des langfristigen Mietmarktes eingeführte Politik der öffentlichen Regulierung einzuschränken oder abzuschaffen. Das geht aus ihrem am Donnerstag, den 3. Mai veröffentlichten Bericht hervor.

„Ihr Ziel ist klar: Alle Hindernisse für ihre weitere Verbreitung müssen durch Maßnahmen in Brüssel beseitigt werden“, erklärt der Autor des CEO-Berichts, Kenneth Haar. Wie viele andere Branchen haben auch die Kurzzeitvermietungs-Plattformen Vertreter in Brüssel stationiert: Sie gehören der 2013 gegründeten European Holiday Home Home Association (EHHA) an, die insbesondere Airbnb, HomeAway, Schibsted, TripAdvisor und Wimdu vertritt. Der Jahreshaushalt der EHHA ist relativ bescheiden (für 2016 wurden im Transparenzregister zwischen 400.000 und 1 Million Euro angegeben), hat sich aber im Vergleich zum Vorjahr vervierfacht.

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Der Bericht zeigt, wie die Lobby der Plattformen vorgeht, um die Auslegung der europäischen Gesetzgebung zu ihren Gunsten zu lenken. So hat die Kommission nach einem Schreiben von zwölf Plattformen im Jahr 2015 eine Zeile in ihre „Binnenmarktstrategie“ eingefügt, in der sie eine „Europäische Agenda für die kollaborative Wirtschaft“ ankündigt. Diese sollte „Leitlinien für die Anwendung von Gesetzen in diesem Wirtschaftssektor“ enthalten. Veröffentlicht wurde diese Agenda im Juni 2016. Sie enthält einen Artikel über die Verantwortung der Plattformen, der für sie sehr positiv ist, zumal dieser insbesondere darauf hinweist, dass die Länder der Union die Plattformen nicht zwingen können, illegale Aktivitäten auf ihren Internetseiten systematisch zu identifizieren.

Auf der anderen Seite müssen die Behörden, wenn sie die Registrierung der Gäste oder eine Genehmigung an sich zur Pflicht machen wollen, nachweisen, dass diese Auflagen „notwendig, verhältnismäßig und nicht diskriminierend“ sind. Diesen Kampf haben die Lobbyisten in Brüssel gewonnen: Der CEO berichtet von einem Brief, der von Delany & Co, einer Lobbying-Beratungsfirma (die von Luc Delany geleitet wird einem ehemaligen Facebook-Lobbyisten), angefertigt wurde, und einem Treffen zwischen der EHHA und der Kommission.

Die Androhung der Strafverfolgung

Aber das ist nicht alles... Obwohl sie diese Schlacht gewonnen haben, haben die Plattformen ihre Waffen längst nicht niedergelegt. Kurz nach der Veröffentlichung dieser „Agenda für die kollaborative Wirtschaft“ hat die EHHA bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde gegen vier europäische Städte (Paris, Berlin, Barcelona und Brüssel) eingelegt. Der Vorwurf: Die Regulierungsmaßnahmen für kurzfristige Vermietungen seien übertrieben, und verstößen gegen europäisches Recht. Diese Art der Beschwerde löst – sollten die Vorwürfe begründet sein – ein Verfahren namens „EU-Pilot“ aus, das eine Vermittlung zwischen der Europäischen Kommission und den betroffenen Ländern darstellt, damit diese das europäische Recht befolgen.

„Wir prüfen derzeit die Beschwerde“, bestätigt der Sprecher der Kommission bei der Vertretung in Frankreich, Guillaume Roty. Das Hauptproblem ist, dass diese Forderungen nur an die Staaten gestellt werden, während diese Beschwerde insbesondere die Stadtverwaltungen betrifft, betont der CEO-Bericht. Die Stadt Paris bestätigt übrigens, dass sie diesbezüglich keinen Ansprechpartner hat.

Sollte die Vermittlung das Problem nicht gelöst haben, kann die Kommission am Ende einer „EU-Pilot“-Prozedur ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten, d.h. den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um seine Auslegung des europäischen Rechts anrufen, und gegebenenfalls Verstöße verurteilen. Mit anderen Worten zögert die EHHA nicht, die Waffe der rechtlichen Abschreckung einzusetzen...

„Wir wissen nicht, wie die Geschichte ausgehen wird“, schreibt der Autor des CEO-Berichts abschließend, „aber wir können nicht länger leugnen, dass Airbnb inzwischen zu einem multinationalen Unternehmen wie alle anderen geworden ist“. Dazu gehören auch die Methoden der Lobbyarbeit bei den europäischen Institutionen, die denjenigen der GAFA (Google, Amazon, Facebook, Apple) in nichts nachstehen.

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