Nachrichten Wirtschaft und Ungleichheiten

Europa wird reicher – und ungleicher

Laut den Prognosen für 2023 steigt das Median-Vermögen von Erwachsenen innerhalb der EU. Unklar ist jedoch, ob die Verteilung des Wohlstands in Zukunft ausgewogener sein wird. An der Spitze der Rangliste der EU-Länder mit den meisten Millionären, die mehr als 50 Millionen Dollar Eigentumswerte besitzen, steht Deutschland.

Veröffentlicht am 7 November 2018 um 15:28

Die Forschungseinrichtung Credit Suisse Research Institute hat ihre neunte Ausgabe des Global Wealth Report (Vermögensbericht) veröffentlicht. Das Dokument enthält aktuelle Informationen über das Vermögen privater Haushalte weltweit, sowie Erkenntnisse über die potenzielle Dynamik des Vermögenswachstums bis 2023. Das Datenbuch des Global Wealth Report definiert das Nettovermögen als „den Marktwert der finanziellen Vermögenswerte zuzüglich der nicht-finanziellen Vermögenswerte (hauptsächlich Wohnungen und Grundstücke) abzüglich Schulden“.

Wir haben die vom Credit Suisse zur Verfügung gestellten Daten durchgearbeitet, um einen exklusiven Blick auf einige Aspekte der Vermögensentwicklung in den EU-Ländern* zu werfen, wie zum Beispiel:

  • Die vorausgesagte Entwicklung des Median-Vermögens pro Erwachsenem in der EU zwischen 2017 und 2023

  • Die prognostizierte Zahl der Millionäre in EU-Ländern mit einem Vermögen von mehr als 1 Millionen US-Dollar bzw. 50 Millionen US-Dollar.

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  • Die Entwicklung der Differenz zwischen dem durchschnittlichen und dem Median-Vermögen pro Erwachsenem in den EU-Ländern zwischen 2017 und 2023

In den ersten beiden Grafiken geben wir einen Einblick in die „Welt der Millionäre“ innerhalb der EU. Dabei folgen wir der Unterscheidung des Berichts, der diese wohlhabende Gruppe in zwei Kategorien aufteilt, und dafür einen Schwellenwert bei  einem individuellen Nettovermögen von 50 Millionen US-Dollar ansetzt. Zugunsten einer besseren Lesbarkeit haben wir die Länder in drei Gruppen eingeteilt: Die Spitze, die Mitte und das Ende der Rangliste (basierend auf den Ausgangspositionen im Jahr 2017).

Mit Blick auf die Spitzenreiter dieser „Liga“ zeigt die Vorhersage für 2023, dass Deutschland bei der absoluten Zahl der Millionäre mit einem Vermögen von mehr als 50 Millionen Dollar an der Spitze steht, gefolgt vom Vereinigten Königreich und Italien. Die Entwicklung der in der Mitte befindlichen Länder zeigt den Aufstieg zweier östlicher Länder, nämlich Polen und der Tschechischen Republik.

Dieser Vorsprung von Ländern wie Deutschland und dem Vereinigten Königreich sollte allerdings allein aufgrund der Größe ihrer Wirtschaftssysteme nicht überraschen. So stellen wir in der folgenden [Karte](https://datawrapper.dwcdn.net/wpYq4/2/) die Anzahl der Millionäre (> 50 Millionen US-Dollar) pro 100.000 Menschen dar. Relativ kleine Länder wie Zypern und Schweden erweisen sich als wichtige Standorte der europäischen Wohlstands-Geographie.

Allerdings stellen Daten über Millionäre sicherlich keinen guten Indikator für das Verständnis der Entwicklung des Wohlstands in einer bestimmten Reihe von Ländern dar. Die [dritte](https://public.flourish.studio/visualisation/136763/) und [vierte](https://public.flourish.studio/visualisation/136948/) Grafik geben einen Einblick in die Entwicklung des Median-Vermögens, pro Erwachsenem, in jedem EU-Land.

Auch hier liefern wir sowohl absolute Werte als auch die relative Rangfolge der EU-Länder. Interessanterweise weist diese Liga, die sich auf die Prognosen für 2023 konzentriert, eine andere Zusammensetzung auf. Beispielsweise gehört Deutschland zur mittleren Gruppe. Ebenso fällt Italien vom 5. auf den 7. Platz.

Scheinbar verzeichnen die EU-Länder allgemein einen Aufwärtstrend. Bedeutet dies jedoch, dass die Vermögensverteilung innerhalb unserer Gesellschaften ausgewogener wird? Um ein teilweises Verständnis für die Entwicklung des Gleichgewichts der Wohlstandsverteilung innerhalb Europas zu erhalten, haben wir die Unterschiede zwischen dem durchschnittlichen und dem Median-Vermögen pro Erwachsenem berechnet, sowohl 2017 als auch 2023. Wie das Säulendiagramm zeigt, nimmt die Kluft für alle Länder zu. Ein zunehmendes Gefälle zwischen Durchschnitts- und Medianwerten könnte auf eine unausgewogenere Verteilung hinweisen.

Ungeachtet dieser teilweisen und stark auf die EU zugeschnittenen Beweise legt der Global Wealth Report nahe, dass sich die Ungleichheit zwar „noch nicht signifikant verringert“, aber „nach den meisten Indikatoren stabilisiert“ hat. „Auch in allen anderen Regionen – mit Ausnahme von Afrika – ist das Median-Vermögen stabil oder steigend. Damit sehen die Zukunftsperspektiven für ein integratives Vermögenswachstum vielversprechender aus als in den letzten Jahren“, heißt es im Bericht.

*Daten für Luxemburg werden in den Tabellen für Medienanfragen, die auf der Website des Global Wealth Report verfügbar sind, nicht angegeben.*

Cet article est publié en partenariat avec the European Data Journalism Network

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