investigation Reportage Verbrannte Erde | Teil zwei
Die Hügel in der Nähe von Sotalbo in der Provinz Ávila, die von dem Brand im August 2021 betroffen waren. | Foto: ©María Álvarez Del Vayo.

Waldpflege und Wiederbesiedlung als Heilmittel gegen die Wunden der Megafeuer

Landflucht, Vernachlässigung und die Klimakrise führen dazu, dass in Südeuropa immer häufiger heftige Waldbrände ausbrechen. Es hilft uns, unsere Beziehung zum Feuer zu überdenken, wenn wir die Waldbrände des Sommers 2021 in Spanien und Zypern mit kühlem Kopf betrachten. Teil zwei einer gemeinsamen Studie in Italien, Griechenland, Spanien und Zypern.

Veröffentlicht am 23 Juni 2022 um 13:52
Die Hügel in der Nähe von Sotalbo in der Provinz Ávila, die von dem Brand im August 2021 betroffen waren. | Foto: ©María Álvarez Del Vayo.

Einleitung

Die Karte der Entvölkerung im Mittelmeerraum deckt sich weitgehend mit den von heftigen Waldbränden betroffenen Gebieten. Für Forscher, die sich mit Bränden und Klimawandel befassen, ist dies nichts Neues: Der Zusammenhang zwischen diesen beiden Faktoren ist bekannt, wobei jedoch auch zahlreiche andere Faktoren zu berücksichtigen sind. Um den Zusammenhang zwischen Bränden und der Verödung ländlicher Gebiete zu verstehen, haben wir uns in die Orte Spaniens, Italiens, Griechenlands und Zyperns begeben, wo es im Sommer 2021 zu besonders verheerenden Bränden gekommen ist.

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Karte der Waldbrände in Europa und im Mittelmeerraum im Jahr 2021. Jeder Punkt steht für ein Feuer und seine Größe für die verbrannte Fläche. | Quelle: EFFIS/Copernicus EMS.

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Gesamte verbrannte Fläche in den EU-Ländern im Jahr 2021 (in rot) im Vergleich zum Durchschnitt des Zeitraums 2008-2020. | Quelle: EFFIS/Copernicus EMS.

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Teil zwei. Zypern und Spanien: Vergessene Landschaften

Die Eindämmung der Entvölkerung und die Waldpflege haben sowohl eine ökologische als auch eine soziale Funktion. Ein Großteil der von der EU für diesen Zweck bereitgestellten Mittel bleibt ungenutzt, und ihre tatsächliche Wirkung wird nicht gemessen. Die Brände des Sommers 2021 in Zypern und Spanien bestätigen einen allgemeinen Trend im mediterranen Europa.

Die Einwohnerzahl des Dorfes Arakapas auf der Insel Zypern ist innerhalb von 30 Jahren von 500 auf 160 gesunken, und die meisten Bewohner sind im Ruhestand. Hier wütete im vergangenen Sommer der größte Brand, den das Land in den letzten zehn Jahren erlebte – die Flammen zerstörten eine 4.500 Hektar große Fläche. Die Bevölkerung im Landesinneren Zyperns ist seit dem Zweiten Weltkrieg zurückgegangen, genau wie in der Region Montiferru auf Sardinien, auf der griechischen Insel Euböa und in vielen anderen Teilen des Mittelmeerraumes, während die Waldfläche im gleichen Zeitraum allmählich zugenommen hat.

„In der Vergangenheit bildeten landwirtschaftliche Flächen eine Barriere gegen das Feuer und verhinderten dessen Ausbreitung. In den Weinbergen verbrannten zum Beispiel nur die Rebstöcke in der ersten und zweite Reihe, nicht die gesamte Ernte, und das Feuer fand keine Nahrung. Aufgrund der Landflucht verbindet sich die Vegetation heute immer stärker mit dem Wald“, erklärt Charalampos Alexandrou, Direktor der nationalen Forstbehörde.

Der Brand von Arakapas weist eine ähnliche Dynamik auf wie Brände in anderen Mittelmeerregionen, die neben Entvölkerung gegen ungewöhnliche Hitzewellen, Dürreperioden und steigenden Temperaturen infolge des Klimawandels zu kämpfen haben. Deshalb wird es immer dringender, sich auf das neue Szenario einzustellen und eine Politik der Prävention von Großbränden einzuführen. Den Daten über die für diesen Zweck bereitgestellten und nicht genutzten europäischen Mittel zufolge sind wir davon allerdings noch weit entfernt.

Die für die europäischen Wälder verfügbaren Mittel sind weitaus geringer als die für die Landwirtschaft: Ihr Anteil an der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) beträgt lediglich ein Prozent, obwohl 45 Prozent der EU-Fläche von Wäldern und bewaldeten Flächen bedeckt ist, die sich überwiegend in einem „mangelhaften“ oder „schlechten“ Zustand (jeweils 54 Prozent bzw. 31 Prozent) befinden – der Zustand von nur 14 Prozent des Waldes wird als „gut“ eingestuft. Der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums umfasst den größten Teil der für Wälder bereitgestellten Mittel, die für die Erhaltung und Wiederherstellung von Waldgebieten, einschließlich der Verhütung von Bränden und der Eindämmung des Klimawandels, verwendet werden können.

Einer Untersuchung des Europäischen Rechnungshofs zufolge wurden im Zeitraum zwischen 2014 und 2020 von den Mitgliedsstaaten nur 49 Prozent der für forstwirtschaftliche Maßnahmen vorgesehenen Mittel, also 4.166 Milliarden Euro, genutzt. Am meisten haben von diesen Fonds Spanien und Italien profitiert, während Zypern am Ende der Rangliste steht.


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Die Untersuchung weist darauf hin, dass die geringe Inanspruchnahme von EU-Mitteln auf mehrere Faktoren zurückzuführen ist, vor allem auf die Tatsache, dass rund 60 Prozent der Wälder in der EU in Privatbesitz sind. Viele der von uns befragten Grundeigentümer gaben an, keinen Zuschuss beantragt zu haben, weil das Verfahren „zu komplex oder zu bürokratisch“ sei.

Um hier Abhilfe zu schaffen und einen Anreiz für bessere Waldpflege und die Vorbeugung von Megafeuern zu geben, die im Zuge steigender Durchschnittstemperaturen und häufigerer Hitzewellen immer öfter auftreten, schlugen einige der Befragten vor, den ökologischen Wert privater Waldflächen in direkte Subventionen an die Eigentümer umzuwandeln, damit diese die Flächen pflegen. Zum Beispiel eine Art Vergütung für jeden bewaldeten oder aufgeforsteten Hektar, der Privateigentümern gehört, als Gegenleistung für die Pflege, um gefährliche Ansammlungen von brennbarem Material zu vermeiden.

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