„Lieber Peter. Schon seit langem will ich dir schreiben, und nun machen die neuesten Nachrichten deutlich: Es ist schlicht zu gefährlich, weiter zu schweigen.
Meine ehemaligen Kollegen sind im Gefängnis. Monatelang haben meine Freunde und ich versucht, die Aufmerksamkeit der internationalen Presse zu erlangen. Jetzt ist etwas passiert, das alle großen Nachrichtenagenturen interessiert – aber ich frage mich, wie lange das so bleibt. Gibt es eine Möglichkeit, die Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten? Ich habe das Gefühl, hier sind wir alle Geiseln, und das ist beängstigend. Jetzt ist hier alles, jedes Verbrechen, eine Möglichkeit.”
Ein Freund aus Belarus schickte mir diese Nachricht im Sommer, wenige Tage nachdem ein internationales Geschäftsflugzeug mit einem MiG-Kampfjet von Diktator Alexander Lukaschenko zur Landung gezwungen worden war – der Flieger habe „seinen” Luftraum durchflogen. Bei der Landung wurden der belarussische Journalist Roman Protassewitsch und seine Freundin, beide an Bord der Maschine und bis dahin wohnhaft im vermeintlich sicheren Litauen, festgenommen. Einige Tage später erschien Protassewitsch mit deutlichen Folterspuren im staatlichen Fernsehen und gestand, sich des Verrats schuldig gemacht zu haben. Die Szene weckte Erinnerungen an stalinistische Schauprozesse.
Das Ereignis schürte Empörung in der sogenannten internationalen Gemeinschaf…