Die Halbinsel in den Farben der Flagge der "Iberischen Föderation" von 1854. ©Presseurop.

Portugiesen stimmen auch für Spanien

Bei den Parlamentswahlen, die der noch amtierende Ministerpräsident José Sócrates gewann, standen auch die Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern auf dem Spiel. Aus der Sicht Barcelonas beweist das Wahlergebnis, dass die Jugend die Öffnung wünscht.

Veröffentlicht am 28 September 2009 um 15:39
Die Halbinsel in den Farben der Flagge der "Iberischen Föderation" von 1854. ©Presseurop.

Der wirkliche Sieger der portugiesischen Wahl ist der Iberismus. Nicht etwa das idealisierte Iberien, das so verschiedene Menschen wie Fernando Pessoa, Agustí Calvet Gaziel, Henriques Moreira und Francesc Pi i Margall, Oliveira Martins und Francesc Macià vertraten [Calvet, Pi i Margall und Macia waren katalanische Politiker, die Ende des 19. Jahrhunderts den Iberismus erdachten], sondern ein moderner, kommerzieller Iberismus, ein machtvolles Gefüge von gemeinsamen Interessen, das Spanien und Portugal seit ihrem gemeinsamen Eintritt in die EWG im Jahr 1986 aufbauen.

Der Mammon setzte auf José Sócrates als Garant einer wirtschaftlichen Integration der Halbinsel, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Und diejenigen Portugiesen, die das Marketing des Sozialistenchefs (Produkt der Zapatero-Schule) satt hatten, sahen keine glaubwürdige Alternative in der sozialdemokratischen Kandidatin, die aus der Ferne vom Präsidenten Portugals, Anibal Cavaco Silva, manipuliert wird.

Manuela Ferreira Leite wollte die Wahl mit Hilfe von drei leicht salazarisch angehauchten Botschaften gewinnen: die Rückkehr zum Sparprogramm einer buchhaltenden Republik, der Verzicht auf die Schnellzugverbindung zwischen Lissabon und Madrid und die Reaktivierung der Vorurteile gegen Spanien. Auf den Wahlplakaten kaum geschminkt und den Mikrophonen und Fernsehkameras fern bleibend, erinnerte sie in gewisser Weise an die legendäre María Jesús Caetano, die ewige Gouvernante von Antonio de Oliveira Salazar, und an die seltsame, auf Tatsachen beruhende Macht eines autarken, introspektiven Portugals. Zu viel Traurigkeit für ein Land, das gerade den Weg aus der Rezession hinaus eingeschlagen hat.

Der Antihispanismus war ein schwerer Fehler. Die Portugiesen wollen Spanien nicht den Rücken kehren (auch wenn sie ihm nicht vorbehaltlos in die Arme fallen wollen). Für die Jugend ist eine Opposition zu Spanien ein echter Anachronismus. Die jungen Portugiesen wollen in Lissabon, Porto, Madrid, Barcelona, Rio de Janeiro oder Luanda Chancen finden können.

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WAHLERGEBNIS

Sócrates, mit kurzem Atem

Sieger, doch ohne Mehrheit. Die Sozialisten des ausscheidenden Ministerpräsidenten José Sócrates erhielten nur 36,5% der Stimmen und verloren 25 Sitze im Vergleich zur Wahl von 2005. Die Sozialdemokraten mit Manuela Ferreira Leite erhielten nur 29% der Stimmen. "Die Sozialisten haben eine halbe Million Stimmen verloren, aber sie haben gewonnen", stellt der Público fest und erinnert daran, dass "José Sócrates als politisch geschwächt oder sogar gestorben betrachtet wurde. Doch er hat überlebt und sogar neuen Atem gefunden."

"Für die Sozialistische Partei und José Sócrates ist es ein Sieg, aber ein beschränkter, nicht überwältigender Sieg", liest man im Diário de Nocitícias. "Für die Sozialdemokratische Partei und Manuela Ferreira Leite ist es eine vernichtende Niederlage." Bleibt zu sehen, mit wem Sócrates regieren kann, denn die anderen Parteien, ob links oder rechts, scheinen nicht zu einem Bündnis mit ihm bereit zu sein.

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