Nachrichten Tschechische Republik
Präsident Klaus schreitet bei seinem Besuch in Moskau die Truppen ab, 26. April 2007. (AFP)

Václav Klaus, daheim in Russland

Sich selbst beschreibt er als "europäischen Dissidenten" und in Russland begrüßen die Medien diese Haltung sehr. Diese Woche auf Staatsbesuch hat der tschechische Präsident weitere wirtschaftliche und persönliche Verbindungen mit Moskau geknüpft. Diese Politik hat allerdings nicht nur Vorteile, merkt Hospodářské Noviny an.

Veröffentlicht am 15 Oktober 2009 um 16:21
Präsident Klaus schreitet bei seinem Besuch in Moskau die Truppen ab, 26. April 2007. (AFP)

Nur wenige Tage nachdem Václav Klaus für die Unterzeichnung des Vertrages von Lissabon neue Bedingungen gestellt hat, die europaweites Protestgeschrei auslösten, stattete Klaus Russland einen Staatsbesuch ab. Seinen Gastgebern vertraute er an, dass er sich "wirklich sehr um den Ausbau der europäischen Integration sorgt".

Klaus ist einer der tschechischen Politiker, die keine Angst davor haben, sich öffentlich zu ihrer pro-russischen Einstellung zu bekennen. Im Gegensatz dazu hatte die politisch rechtsorientierte Regierung von Mirek Topolánek [die im vergangenen April gestürzt wurde], vielmehr auf verstärkte Beziehungen zu den USA gesetzt.

So hat Klaus anlässlich einer im September stattfindenden Reise in die USA erklärt, dass Moskau für die Tschechische Republik eine weitaus weniger große Gefahr darstellt, als eine überreglementierte Europäische Union. "In den vergangenen zwei Jahrtausenden seiner Geschichte hat Russland noch nie über ein so gutes politisches System verfügt und die Freiheitsprinzipien noch nie so sehr respektiert", betonte er in einem Interview mit der Washington Times [einer den amerikanischen Neokonservativen nahestehenden Zeitung].

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Als er [von 1992 bis 1997] Regierungschef war, verfolgte Václav Klaus eigentlich immer seine dem Westen gegenüber aufgeschlossene politische Linie. Erst nachdem er der Exekutivgewalt den Rücken gekehrt hatte, begann er damit, immer eindeutigere Kritik an der europäischen Integration und den USA zu üben. Diese Kursänderung bestätigte sich einmal mehr, als er seine Vorbehalte bezüglich der 1999 stattfindenden NATO-Bombardierungen in Jugoslawien äußerte.

Genau zu diesem Zeitpunkt interessierten sich auch die russischen Medien erstmals für ihn. Heute sind es russische Journalisten, die Klaus unterstützen. In den russischen Medien hat er einen viel bedeutenderen Platz gewonnen, als alle anderen Staats- und Regierungschefs Mitteleuropas. Seine Stellungnahmen zur "willkürlichen Russlandphobie" der westlichen Eliten gefallen besonders den Journalisten, die die Kreml-Politik befürworten. Der renommierte Moskauer Politikwissenschaftler Mikhail Delyagin hat in einem kürzlich verfassten Artikel über die europäische Integrationskrise ein vermeintliches Zitat von Klaus verwendet, in dem er schildert, dass der Beitritt zur Europäischen Union für die Tschechische Republik eine finanzielle Verarmung ausgelöst hat.

"In vielerlei Hinsicht ist Václav Klaus ein Mann der Vergangenheit. Er gehört dieser längst vergangenen Epoche an, in der die Welt noch in zwei Teile gespalten war. Weil er es nicht geschafft hat, sich im Westen einen Platz zu verschaffen, wo Václav Havel diesen Platz eingenommen hat, wandte er sich logischerweise Russland zu", beobachtet der Politologe und Professor an der Metropol-Universität in Prag, Michael Romancov.

Jedoch lassen es sich die Führungspersonen des Kremls trotz seiner Beliebtheit bei den russischen Medien nicht nehmen, ihn hin und wieder daran zu erinnern, wo sein Platz in der politischen Welt ist. Während eines weiter zurückliegenden Besuches in Russland versuchte Klaus, Wladimir Putin zu versichern, dass man die amerikanische Raketenabwehranlage nicht gegen Russland richten wird. Daraufhin brach der russische Präsident in schallendes Gelächter aus und antwortete ihm: "Auf jeden Fall werden Sie darauf keinerlei Einfluss haben." Bei dem tschechischen Präsidenten haben diese Worte offensichtlich eine gewisse Verlegenheit ausgelöst.

Sehr seltene Besuche im Westen

Der zweifellos wichtigste Staatschef, von dem Klaus seit seiner Wiederwahl eingeladen wurde, ist Medwedew. Dagegen ist es eher eine Ausnahme, wenn ihn seine westlichen Kollegen zu offiziellen Staatsbesuchen einladen. "Erklären lässt sich das teilweise durch die Hyperaktivität, die er nach seiner ersten Wahl an den Tag gelegt hat. Zahlreiche Länder hat er bereist. Nun muss er aber einige Jahre warten, bis viele von ihnen ihn wieder einladen.Natürlich gibt es auch einen anderen Grund. Die Regierungschefs laden ihn aufgrund seiner Stellungnahmen zur europäischen Integration nicht mehr ein", vermutet der Chef der Volkspartei und ehemalige Außenminister Cyril Svoboda. Irland ist eines der wenigen Länder, welches Klaus nach seiner Wiederwahl offiziell empfangen hat. Aber er hat es sogar geschafft, sich mit den irischen Politikern zu streiten, nachdem er sich ganz offiziell für die Bewegung von Declan Ganley aussprach, die gegen den Vertrag von Lissabon Kampagne machte.

Mit seinem französischen Kollegen Nicolas Sarkozy unterhält Klaus besonders angespannte Beziehungen. Die zwei Regierungschefs greifen sich regelmäßig in den dazwischengeschalteten Medien an. So warf Klaus im Dezember vergangenen Jahres Sarkozy indirekt vor, der Europäischen Union zu schaden. Im vergangenen Jahr ist Klaus zwei Mal nach Frankreich gereist, aber nicht ein einziges Mal hat er sich mit einem führenden Politiker getroffen.

GESCHÄFTE


Von Kernenergie und Erdöl

Während seines Besuches in Moskau hat Václav Klaus "die russischen Unternehmen ermutigt, sich an der Fertigstellung des Kernkraftwerkes von Temelín zu beteiligen", berichtet Hospodářské Noviny. Laut der Prager Wirtschaftszeitung haben die russischen Unternehmen ihr Interesse am tschechischen Energiesektor bei der Versammlung einer tschechisch-russischen Kommission angekündigt, die im vergangenen September in Prag stattfand. Dabei anwesend waren der stellvertretende Regierungschef Alexander Zhukov und die Vertreter von Lukoil, dem wichtigsten privaten Mineralölkonzerns Russlands. Hospodářské Noviny weist darauf hin, dass Lukoil "die russische Ausgabe von 'Blauer Planet in grünen Fesseln' gesponsert hat", einem Buch in welchem Klaus die Befürchtungen vor der Klimaerwärmung abstreitet.

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