Europa muss seine Haltung ändern

Die Konferenz von Durban geht zu Ende. Die Europäische Union kann nicht weiterhin das Problem des Klimawandels angehen, indem sie sich gegenüber den Schwellenländern paternalistisch gibt, denn die Union braucht diese Länder zur Bewältigung der Finanzkrise. Zudem könnten die Schwellenländer versucht sein, ihre Bedingungen diktieren zu wollen.

Veröffentlicht am 8 Dezember 2011 um 16:22

Der alljährliche UN-Weihnachtsmarkt hat begonnen. In diesem Jahr in Durban. Europa scheint aus dem Gipfel von Kopenhagen im Dezember 2009, der vor allem am europäischen Idealismus scheiterte, nicht viel gelernt zu haben.

Die Entwicklungsländer folgten im Grunde völlig der europäischen Logik. Sie wiesen die eigene Verantwortung von sich, verlangten als Folge des Klimawandels Entschädigungen von den Industrienationen selbstverständlich ohne bindende Auflagen, wie diese Gelder verwendet werden sollen und forderten eine drastische Senkung der Treibhausgas-Emissionen in den Industriestaaten.

Die Erdöl exportierenden Länder stilisierten sich zum Opfer hoch und erbaten sich ebenfalls Entschädigungen für ihren Exportrückgang. Und während die Luftverschmutzung in den Entwicklungsländern weiter anstieg, zuckten die Hauptverschmutzer wie Russland, die USA und China nur mit den Achseln.

Die Welt hat sich verändert: Die Schwellenländer werden heute zu Hilfe gerufen, um den Euro zu retten. Diese neue Realität hat aber die europäische Sicht auf die Frage des Klimawandels wenig beeinflusst. Prinzip der Klimakonvention von 1992 ist, dass der Klimawandel in der kollektiven Verantwortung aller Staaten stehe, also auch der Entwicklungsländer. Um die Konvention umzusetzen, müssen die spezifischen Gegebenheiten und Möglichkeiten jedes Landes berücksichtigt werden. Doch der Gedanke einer kollektiven Verantwortung wird immer mehr aus den Augen verloren.

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Würden wir die Verschmutzung durch eine ausländischen hinnehmen?

Sicherlich keine beliebte Idee, denn Europa hängt an seiner Rolle als Zahlmeister, und die Entwicklungsländer setzen alles daran, um davon zu profitieren. So entsteht eine Art von europäischer Überheblichkeit, die in der Ansicht zum Ausdruck kommt, man könne die Regierungen der Entwicklungsländer eh nicht zur Rechenschaft ziehen.

So bemängelt niemand, dass ein europäisches Unternehmen, welches in Afrika die Umwelt verschmutzt, nicht dort, sondern in Europa vor Gericht kommt. Würden wir das im Fall einer ausländischen Firma, die den Rotterdamer Hafen Europoort verschmutzt, hinnehmen? Solange wir die Regierungen der Entwicklungsländer nicht ernst nehmen, ist jede internationale Klimapolitik zum Scheitern verurteilt.

Ein Begriff, wie jener der “Klima-Schulden” ist sicherlich attraktiv, aber das Konzept macht keinen Sinn. Im Laufe der Geschichte kam der größte Teil der CO2-Emissionen aus den Industrienationen. Unser Wohlstand und Lebensstandard, um den man uns beneidet, begründete sich darauf. Und die große Mehrheit der Weltbevölkerung versucht, uns so gut es geht, nachzuahmen.

Wir in Europa müssen diese Mischung aus Überlegenheits- und Verantwortungsgefühl aufgeben, dieses Syndrom aus Schuld bei gleichzeitiger Haltung des barmherzigen Samariters. Ein realistischerer Ansatz wird sicherlich bei den konventionellen Ansichten und den Interessen der einen und anderen auf Widerstand stoßen, in Europa wie anderswo. Doch birgt ein neuer Ansatz auch wirkliche Chancen.

Der Schlüssel liegt sicherlich im Technologietransfer von Nord nach Süd. Dazu muss die internationale Kooperation gestärkt werden. Eine Aufgabe für Europa und sicherlich auch für die Niederlande, die hier die Initiative ergreifen sollten.

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