Weniger Fischerei, weniger Verschmutzung, der Fisch bleibt trotzdem aus. Wrack bei Vama Veche (Rumänien). Foto: Oaspetele de piatra / Flickr

Düstere Aussichten fürs Schwarze Meer

Die Artenvielfalt des Schwarzen Meeres ist bedroht. Störe, Haie und Delfine sind im Aussterben begriffen; Seehunde und Krabben bereits ausgestorben. Grund: Gewässerverschmutzung, Überfischung und Wilderei.

Veröffentlicht am 10 November 2009 um 15:30
Weniger Fischerei, weniger Verschmutzung, der Fisch bleibt trotzdem aus. Wrack bei Vama Veche (Rumänien). Foto: Oaspetele de piatra / Flickr

Einige Fischarten des Schwarzen Meers stehen kurz vor dem Aussterben, warnt das rumänische Meeresforschungsinstitut "Grigore Antipa" aus Bukarest. Der Stör ist dabei, neben anderen Fischen der flachen Küstengewässer wie Kleinhaie und Steinbutt, die am meisten bedrohte Art: "In der Türkei wurde der Fang von Stören in den Flüssen Anfang der 90er Jahre verboten. Und 1996 in der Ukraine. Der Fang auf See in Bulgarien '95 und in Rumänien erst im Jahr 2005, und zwar im Meer und im Donaudelta. Diese Maßnahmen waren zwar nützlich, doch die Lage hat sich dennoch nicht verbessert", erklärt Simon Nikolaev, der Leiter des Instituts. Schuld daran sind vor allem Wilderei und die Gewässerverschmutzung, die den Lebensraum der Fische beschädigt. So braucht der Stör zum Laichen sauerstoffreichen Kies, den man aber nur in sauberen Gewässern vorfindet.

Die Hälfte der Stör-Arten vom Aussterben bedroht

"Die am meisten gefischten Arten sind auch die teuersten. So verkauft man einen Zuchtstör für ca. 12-13 Euro pro Kilo, einen Steinbutt für ca. 9 Euro pro Kilo. Hier. Denn in Istanbul ist er noch teurer, ca. 16 Euro", fügt Nikolaev hinzu.Das Problem liegt darin, dass die Fischgründe schneller abgefischt werden, als es der natürliche Lebenszyklus der Fische erlaubt. Der Stör beispielweise kann sich erst ab einem Alter von zwölf Jahren vermehren und der Steinbutt erst ab 4 oder 5 Jahren. Doch um die Fischgründe zu erhalten, müssen sich die Fische mehrmals fortpflanzen können. Die Hälfte der rund dreißig Stör-Arten ist somit vom Aussterben bedroht.

In den letzten Jahrzehnten nahm die Anzahl der Jungfische um 70% ab. In Moskau bieten, laut einer schon etwas älteren Studie der Artenschutzorganisation TRAFFIC, 80% der Fachgeschäfte einen mit gefälschten Zertifikaten etikettierten Kaviar an. Weltweit wurden zwischen 1998 und 2003 1200 Tonnen Kaviar illegal importiert. Die Hälfte davon in EU-Länder. Haie, Seepferdchen und Delfine sind ebenfalls bedroht. Vor allem Delfine, da sie "sich selbst umbringen": "Von den paar Zehntausend Exemplaren, die es noch im Meer gibt, verfangen sich einige Tausend in den Fanggeräten für den Steinbutt. Die Vibrationen ziehen sie an und schließlich ersticken sie. Jährlich sind davon mehrere Tausend Delfine betroffen. In Rumänien ist der Fang von Delfinen seit 1967 untersagt."

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Keine Seehunde und Krabben mehr im Schwarzen Meer

In den letzten dreißig Jahren sind zahlreiche Tierarten des Schwarzen Meers ausgestorben: darunter Seehunde, Krabben, einige Austernsorten, sowie zig andere Pflanzen- und Tierarten. Diesen Rückgang kann man am besten an den jährlichen Fangmengen abmessen. Waren es Mitte der 80er Jahre noch mehr als 15.000 Tonnen pro Jahr, wurden 2008 noch gerade mal 500 Tonnen gefischt. Seit 1990 geht die Menge der gefangenen Fische stetig zurück. Das biologische Gleichgewicht bleibt empfindlich. Es wird noch mehrere Jahrzehnte dauern, bis das Schwarze Meer sein natürliches Gleichgewicht von vor 50 Jahren wiederfindet. Und selbst das nur, wenn man ab sofort die Gewässerverschmutzung stoppt und die Fischgründe nicht mehr überfischt.

"Das Schlimmste ist, dass die Gewässerverschmutzung noch zum Rückgang der Fischreserven dazukommt. Es handelt sich hier um ein halboffenes Gewässer. Giftstoffe sammeln sich an und werden nicht weggespült. Es stimmt zwar, dass sich nach den Schließungen der schmutzigen Schwerindustrien in den 90er Jahren die Wasserqualität wieder gebessert hat, doch das reicht nicht aus", erklärt Nikolaev. Derzeit startet das "Grigore Antipa"-Institut eine Spendensammlung, um den Meeresbiologen finanziell unter die Arme zu greifen. Mit den Geldern hofft der Direktor, ein spezielles Labor ins Leben rufen zu können, um bestimmte Arten zu schützen, ihre Fortpflanzung zu sichern und das Gewässer neu mit einigen Flachwasserarten zu bevölkern.

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