Die verächtlichen Kommentare gingen in Druck, kaum dass der griechische Regierungssprecher die Erklärung, künftig würden die nationalen antiken Denkmäler kommerziell verwertet, zu Ende formuliert hatte: Die Akropolis als Freistatt für Werbe- und Actionfilmer; Athens Agora, der Urort des Parlamentarismus, als Spielwiese für Catwalker und 007-Stunts; der Kerameikos, der fast dreitausend Jahre alte Ehrenfriedhof, als Lotterkulisse für Shortcuts somnambul sich begrapschender Parfüm-Erotomanen oder für Werbespots, in denen potentielle Vampire auf ewige Jugend verzichten, weil die Altersvorsorge einer Versicherung verlockender erscheint - so oder ähnlich malen Kulturpessimisten die Zukunft des antiken Kulturerbes im Zeichen der europäischen Finanzkrise.
Der drohende Staatsruin hat Griechenland, so glaubt man zu wissen, fast über Nacht vom Urahn europäischer Kultur und Demokratie zu einer zu allem bereiten Hure gemacht. Aber war Athens Kerameikos nicht schon 2002 in den Schlagzeilen? Haben damals nicht erst in letzter Sekunde Proteste einheimischer und ausländischer Archäologen, Intellektueller und Künstler verhindert, dass man weite Flächen des eigentlich unantastbaren Areals samt Grabmalen und Skulpturen einer U-Bahnstrecke opferte?