Kopenhagen, 12. Dezember 2009: Demonstranten fordern "ein starkes Klimaabkommen" (AFP)

Rebellen sind nicht mehr Gesellen

Sie kommen als Piraten verkleidet nach Dänemark, um die Bewahrer des fossilen Energiesystems zu schrecken, oder inszenieren fiktive Prozesse gegen CO2-Verschmutzer: Zehntausende Klima-Aktivisten sind in Kopenhagen. Doch hinter der scheinbar geeinten Front streiten die großen Klima-Organisationen: Bei den Verhandlungen mitmachen oder stören?

Veröffentlicht am 14 Dezember 2009 um 15:22
Kopenhagen, 12. Dezember 2009: Demonstranten fordern "ein starkes Klimaabkommen" (AFP)

"So vielfältig wie nie senden Bürger und Nichtregierungsorganisationen (NRO) in aller Welt ein Signal" an die Verhandlungsführer in Kopenhagen: "Macht endlich ernst!", berichtet Christiane Grefe in der Zeit. Doch hinter der äußeren Harmonie der Klima-Weltbürger brodelt es, die Kritik am UN-Klimavertrag wächst. Und es stellt sich die Frage: "Soll man das Regime reformieren oder ersetzen? Bei den Verhandlungen mitmachen oder stören?" Erstmals demonstrierten NRO der Südhalbkugel vor zwei Jahren nicht nur gegen Regierungen, sondern auch gegen westliche Umweltschützer, die sich nicht ausreichend um eine weltweit gerechte Verteilung der Verschmutzungsrechte sorgten und einen Emissionshandel unterstützten, der vor allem Zertifikatehändlern und Banken nütze. Die Climate Justice Action will daher am 16. Dezember die Klimakonferenz stürmen. "Befremdlich", eine UNO-Konferenz zu stören, urteilt Grefe, denn die NRO hätten durchaus Rechte, Mitsprache- und Initiativgewalt, Beobachter- und Beraterstatus. "Dieser internationale Austausch und Basar der Klimaschutzlösungen am Rande der Konferenzen trägt womöglich sogar die meisten Früchte." Nur, dass Aktivisten und Verhandlungsführer sich seit 15 Jahren gut kennengelernt haben. "Vielleicht zu gut, sodass manche Robin Hoods des Klimaschutzes längst selbst Diplomaten geworden sind", und das menschliche Antlitz vom "Radar der Verhandlungen" völlig verschwunden ist.

Aus Kopenhagener Sicht

Dänische Polizei übereifrig

Anlässlich der beeindruckenden Umweltschutz-Demonstration in Kopenhagen hat die dänische Polizei am Samstag, dem 12. Dezember das "Lümmel-Gesetz" angewandt. Dieser Beiname schmückt die neuen Rechte, über die sie nun verfügen, um die Ordnung während der Klimakonferenz zu. Eines dieser Rechte ermöglicht es ihnen, die Personen festzunehmen, die sich am Ort von Konfrontationen befinden, auch wenn sie an diesen nicht beteiligt sind.

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Die Berlingske Tidende stimmt dem zu und weist darauf hin, dass "das Lümmel-Gesetz die Bürgerrechte in Frage zu stellen droht. Aus diesem Grund muss die Polizei das Verhältnis zwischen der Anzahl der Festgenommenen (fast 1000) und der geringen Anzahl derer, die letztendlich angeklagt wurden, besser gewichten". Die konservative Tageszeitung betont auch, dass sichergestellt werden muss, dass die verhafteten Personen angemessen behandelt werden. Dies war "am vergangenen Samstag ganz offensichtlich nicht der Fall". Die Berlingske Tidende schließt daraus, dass "die Reform sich jetzt der Realität stellen müsse, um ihre Wirksamkeit zu beweisen".

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