Gibt ein miserables Beispiel für die Kinder ab, sagt das British Journal of Medecine. (Alle Rechte vorbehalten)

Vade retro Santa Claus

Er ist das Idol aller Kinder und zum Jahresende in allen westlichen Medien vertreten: Der Weihnachtsmann. Jedoch muss er auch viel Kritik einstecken. Der alte Mann mit dem weißen Bart soll wohl einen sehr schlechten Einfluss auf die Kinder ausüben. Heidnische Ikone, Botschafter des Kapitalismus, schamloser Epikureer… Die europäischen Presse kennt kein Halten.

Veröffentlicht am 23 Dezember 2009 um 15:39
Gibt ein miserables Beispiel für die Kinder ab, sagt das British Journal of Medecine. (Alle Rechte vorbehalten)

Ist der Weihnachtsmann ein Scheißkerl, wie es das französische Kultstück behauptet? Nach Meinung des rumänischen Patriarchats ist Santa Claus nicht weit davon entfernt, weil "gewisse Figuren ausschließlich bei ihrer symbolischen Rolle bleiben sollten", zitiert Gândul die hohe religiöse Institution. In einer einen Tag vor Weihnachten veröffentlichten Stellungnahme verteidigen die offiziellen Vertreter der orthodoxen Kirche "den Weihnachtsmann als religiöses Symbol", betont die Bukarester Tageszeitung, Jedoch bedauern sie, dass "der Kerl zu einem Konsumgut geworden ist und egoistischen Materialismus verkörpert". In der Nachricht, die ebenso an die Adresse der staatlichen Institutionen wie an rumänische orthodoxe Gläubige gerichtet ist, unterstreicht der Mann an der Spitze der lokalen Kirche, Patriarch Daniel, dass "die wirkliche Bedeutung von Weihnachten vor allem in der Rückbesinnung auf die christlichen Werte liegt".

In der Tschechischen Republik schimpfen mehrere Personen schon seit einigen Jahren, dass das christliche Fest in ihrem Land immer mehr vom Weihnachtsmann dominiert wird und damit die traditionelle Figur des Christkindes zunehmend in den Hintergrund tritt, berichtet Lidové Noviny. "Der kleine Jesus und die anderen tschechischen Weihnachtstraditionen sind Teil unserer Identität", erklärte die Autorin der Anti-Weihnachtsmann-Petition, Eva Fruhwirtová, die sie an den Regierungschef Jan Fischer richtete.

Der universelle Vertreter des Kapitalismus

"Er verkauft alles: Autos, Kugelschreiber, Karabiner, Haferschleim, Zigaretten, Reifen, Seife, Kaffee usw. […] Der Weihnachtsmann ist der weltweite Handelsvertreter des Kapitalismus", schreibt Jean-Jacques Delfour in seinem Artikel in Libération. Der Titel: "Warum ich den Weihnachtsmann hasse". "Die christliche Triade aus göttlicher Liebe, dem universellen Spender (Christus) und der Masse von Sündern wird durch eine andere Dreiheit ersetzt: Kapitalismus (an göttlicher Stelle), universeller Verteiler (Weihnachtsmann) und die unzähligen Konsumenten. Das Weihnachtsgeschenk ist die in Ware verwandelte Liebe", analysiert der Professor für Philosophie die Situation. Ein anderer Grund dafür, dass wir ihn hassen sollten: Es ist so als würden wir "Erwachsenen per procura eine Rückentwicklung ins Kindesalter" durchmachen. Den Kindern hämmert man ein, dass "der Überfluss an Waren ein wahres Glück ist" und "erzieht sie somit zu Konformismus, zu berechnendem Gehorsam und zur Scheinheiligkeit". Liberation schlägt eine psychoanalytische Analyse des berühmten Gedichtes von Clement Moore (1820) vor und fügt hinzu: "Der Weihnachtsmann ist ein Penis, der in das Haus Mutter eindringt. Der Kamin ist die Vagina, die Feuerstelle der Uterus und die Geschenke die ergebenen Kinder. Daher auch der pralle rotgesichtige Körper. Und so lässt sich auch die Nähe zum Geburtsfest erklären..."

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Wenig glücklich über seine Rolle als Besessener und Inbegriff des wilden Kapitalismus, bedroht der Weihnachtsmann aber auch die Gesundheit der Kinder. Im von der britischen Fachzeitschrift British Medical Journal veröffentlichten Artikel"Der Weihnachtsmann, ein Paria der Volksgesundheit", geißelt der Forscher Nathan Grill den sehr schlechten Einfluss des Weihnachtsmannes. Besonders für den Bereich des Junkfood mache dieser nämlich Werbung. Zahlreiche europäische Zeitungen haben auf diesen Artikel reagiert. Für Le Figaro sollte man "ihn auf Diät setzen und ihm eine eher helle Gesichtsfarbe geben. Nicht dieses epikureische Rot. […] Auch von seinen Rentieren sollte er sich trennen und sein Spielzeug leichtfüßig zu Fuß verteilen. Damit würde er zu physischen Aktivitäten ermutigen." So wäre der Weihnachtsmann letztendlich Vertreter der "medizinischen correctness". El Mundo weist darauf hin, dass "es stimmt, dass der Weihnachtsmann eine Botschaft vermittelt, in der Übergewichtigkeit in direktem Zusammenhang mit Glück und Fröhlichkeit zu stehen scheint".

Unrätlicher Lebemann

Für Doktor Nathan Grills eignet sich "das Bild des korpulenten in einem Schlitten um die Welt fahrenden Weihnachtsmannes, der ausschließlich 'Brandy' trinkt und 'Mince Pies' (kalorienreiches typisch britisches Gebäck) zu sich nimmt, um dann seine Geschenke zu verteilen, wahrlich nicht, um die Jugend davon zu überzeugen, gesund und bewusst zu leben". Im Daily Telegraph schätzt er, dass der Weihnachtsmann "eventuell dazu anregen könnte, dass man sich betrunken ans Steuer setzt. Zudem könnte er gefährliche Krankheiten wie beispielsweise die Schweinegrippe übertragen", warnt Grills. Nun ist er zum Opfer seiner Zeit geworden, obwohl der Weihnachtsmann doch "bisher eine unumstößliche Figur gewesen ist. Doch hat er keine Zukunft. Am schlimmsten wird es wohl werden, wenn man ihn wegen Misshandlung seiner Rentiere anklagen wird", schlussfolgertLa Vanguardia.

Und auch wenn wohl mehr als einer enttäuscht sein wird, darf man nicht vergessen, dass der Weihnachtsmann tatsächlich tot ist. "Nach Schätzungen der Historiker vor Ort liegt der Heilige, an den sich die 'Weihnachtsmann'-Legende anlehnt, in einer Abtei in Kilkenny begraben", erinnert die Tageszeitung The Independent. "Sein ganzes Leben lang hat der heilige Nikolaus den Armen anonym Geschenke zukommen lassen. Dank seiner überwältigenden Großzügigkeit wurde er kurz nach seinem Tod 346 geheiligt. Die Legende vom lustigen, rot gekleideten Mann lehnt sich an seine Lebensgeschichte an."

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