Schmuggelzigaretten. Vom französischen Zoll in Brest zerstört. Juli 2009 (AFP)

Krieg dem Zigarettenschmuggel

Jede zehnte in der EU verkaufte Zigarette eine Schmuggelzigarette. Um den Schwarzhandel mit Waren aus Osteuropa und Asien zu unterbinden, hat Brüssel beschlossen, die Kontrollen an den EU-Außengrenzen zu verstärken. Polen steht an vorderster Front.

Veröffentlicht am 21 Januar 2010 um 16:34
Schmuggelzigaretten. Vom französischen Zoll in Brest zerstört. Juli 2009 (AFP)

Brüssel mobilisiert gegen Zigarettenschmuggler. Der Riegel muss den Tabakhehlern an der polnischen Grenze vorgeschoben werden. Den bei uns wurde im letzten Jahr ein neuer Rekord aufgestellt: Zoll, Grenzbeamte und Polizei haben im vergangenen Jahr 750 Millionen Zigaretten beschlagnahmt, 100 Millionen mehr als im Jahr zuvor.

Man kann aber nur einen Bruchteil der illegalen Waren sicherstellen, die in Polen im Umlauf sind. Unser Land ist zum Hauptumschlagplatz für den Zigarettenschmuggel aus Osteuropa für die Länder der Union geworden. Die Mühe zahlt sich aus: Eine Ladung von 100.000 Schachteln Zigaretten von Polen nach Großbritannien kann circa 2 Millionen Zloty [500 000 Euro] einbringen. Es sind also riesige Summen im Spiel.

Tabakprodukte sind die am meisten geschmuggelten Waren in Europa. Für die internationalen Schmugglerbanden rentabler als der Drogenhandel. Der Gewinn im Handel beider Produkte ist vergleichbar, doch wird Tabakschmuggel wesentlich milder bestraft. Dazu noch wird er von den Bürgern zahlreicher Länder insgeheim gebilligt, meint Piotr Dziedzic, Leiter der Kriminalabteilung im polnischen Finanzministerium. Auf dem ukrainischen Markt kostet eine Schachtel Zigaretten weniger als 50 Cent. In Polen ist sie bereits das Vierfache Wert. Erreicht die Schachtel Deutschland, kostet sie den Raucher dann fünf Euro. Und wenn sie schließlich nach England geschmuggelt wird, steigt der Preis auf acht bis neun Euro.

Tausende von Menschen arbeiten für die mafiosen Strukturen: Besitzer von Lagerhäusern, Fernfahrer, Lokführer und korrupte Beamte, die für ein wenig Geld bei illegalen Waren die Augen schließen. Derzeit entstammen zehn Prozent der in der EU verkauften Zigaretten dem Schmuggel. Das entspricht einem Steuerverlust von sieben Milliarden Euro. Dem Schmuggel kann nur an den EU-Außengrenzen Einhalt geboten werden. Deshalb hat Polen begonnen, massiv in die Undurchlässigkeit seiner Ostgrenzen zu investieren. 2010 wird die polnische Regierung 133 Millionen Zloty [mehr als 33 Millionen Euro] für Fahrzeuge, Spezialausrüstung – darunter auch Endoskopkameras und Detektoren — sowie für effizientere Kontrollen an den Grenzposten und für Telekommunikation ausgeben.

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Kontrollmaschinerie an den Grenzen

Zwei erste millionenteure Scanner werden am Bahn-Grenzübergang in Medyka [im Südwesten des Landes, an der Grenze zur Ukraine] installiert werden. Mit ihnen sollen bei Transporten aus Risikoländern wie China und anderen asiatischen Staaten versteckte Waren aufgespürt werden. Ein weiterer Scanner soll am neuen Autobahn-Zollposten von Grzechotki, dem Grenzübergang zur Enklave Kaliningrad, aufgestellt werden. In der Gegend von Budzisko an der polnisch-litauischen Grenze werden mobile Zolleinheiten mit Röntgengeräten und Detektoren tätig. Im Osten des Landes wurde mit dem Bau von mehreren Grenzposten zur Fahrzeugkontrolle begonnen, um der voraussichtlichen Zunahme des Grenzverkehrs zu entgegnen. Die neue Zolldienststelle von Biala Podlaska wird 37 Millionen Zloty [9,2 Millionen Euro] kosten. Ähnliche Zollämter sind in Przemyśl, Tomaszów Lubelski und Zamośc vorgesehen. Es ist auch geplant, die Anzahl von Beamten und Spürhunden zu erhöhen.

Innerhalb der EU seien nur die Briten erfolgreicher als die Polen im Kampf gegen den Zigarettenschmuggel, versichert Piotr Dziedzic. Die unternommenen Anstrengungen, um die Grenzen undurchlässiger zu machen, haben bereits dazu geführt, dass die Schmuggler auf eine südlichere Route durch Ungarn und den Balkan ausweichen. Die spektakulären Unterschiede bei der Besteuerung von Zigaretten innerhalb der EU sind der eigentliche Motor des Schwarzhandels. Polen hat zwar den EU-Mindeststeuersatz von 64 Euro für Tausend Zigaretten erreicht, doch liegt er deutlich unter dem am anderen Oder-Ufer [der Grenze mit Deutschland]. In Irland kommt man gar auf 249 Euro pro Tausend Zigaretten, oder in England auf 229 Euro.

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