Wir sind überall. © Daily and Newton

Goldman heuert an: Mehr Macht durch Macht

Die unter dem Verdacht stehende Bank, Griechenland bei der Verschleierung seiner Staatsschulden geholfen zu haben, besitzt ein dichtes Netzwerk von Lobbyisten, die bei der europäischen Polit-Elite Gehör finden.

Veröffentlicht am 3 März 2010 um 16:09
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Über Komplimente liebt Petros Christodouylou zu scherzen, egal von wem sie kommen. Der Klassenprimus ist es seit seiner Jugend gewöhnt aufs Höchste gelobt zu werden. Der am 19. Februar ernannte Chef jener Behörde, die Griechenland entschulden soll, steht heute an vorderster Front. Doch am 25. Februar kündigte die amerikanische Zentralbank an, eine Untersuchung über die Geschäfte zur Schuldenreduzierung der Bank Goldman Sachs und anderer mit der griechischen Regierung in Athen eingeleitet zu haben. Der Name des Ex-Bankers der griechischen Nationalbank (NBG) steht dabei im Mittelpunkt.

Das Bankhaus aus New York wirkte als Beraterbank der griechischen Regierung und spekulierte gleichzeitig mit den Schulden des Landes. Die amerikanische Behörde interessiert sich insbesondere für die Rolle von Petros Christodoulou im Jahr 2009, als er mit Goldman Sachs die Londoner Zweckgesellschaft Titlos gündete, um einen Teil des Schuldenbergs der griechischen Regierung auf die Griechische Nationalbank zu übertragen. Bevor Christodoulou 1998 zur NBG kam, war er Banker bei... Goldman Sachs.

"Sachs Government"

Die Affäre bringt das einflussreiche Netzwerk von Goldman Sachs in Europa ans Tageslicht, das seit 1985 geduldig gesponnen wurde. Dieses engemaschige Netz — teils unterirdisch, teils publik — aus getreuen Vermittlern, die mit ihren Adressbüchern, die Türen zu Staatskanzleien und Ministerien öffnen, wurde aufs Sorgfältigste rekrutiert. Die fürstlich entlohnten Berater kennen alle Feinheiten in den Machtkulissen der EU. Sie finden bei den Entscheidungsträgern Gehör und können sie im Krisenfall direkt telefonisch erreichen.

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Wer sind die Mitglieder des europäischen "Sachs Government", wie man die Bank aufgrund ihres Einflusses in Washington nennt? Die Schlüsselfigur heißt Peter Sutherland, Präsident von Goldman Sachs International, der europäischen Filiale mit Sitz in London. Bei allem, was die 27 oder Russland betrifft, ist der ehemalige EU-Wettbewerbskommissar und Ex-Präsident von BP Dreh- und Angelpunkt. In Frankreich profitiert die Bank von der Unterstützung Charles de Croissets, dem Ex-Chef des Crédit Commercial de France (CCF), er selbst Nachfolger von Jacques Mayroux, Ex-Chef der Société Générale. In Großbritannien kann Goldman Sachs auf Lord Griffith zählen, der zuvor als Berater von Margaret Thatcher tätig war. In Deutschland auf Otmar Issing, ehemaliges Mitglied des Direktoriums der Bundesbank und Ex-Chefökonom der Europäischen Zentralbank (EZB).

Immer Richtung der eigenen Interessen

Von einer ganzen Reihe "Alumnis" (Ehemaligen) ganz zu schweigen. Das Bankhaus kann auf sie zählen, um seine Schachzüge vorzubereiten. Der bekannteste von ihnen ist Mario Draghi, Vize-Präsident von Goldman Sachs International zwischen 2001 und 2006, heute Chef der italienischen Zentralbank und des internationalen Gremiums Forum für Finanzstabilität (Financial Stability Board). Aber glauben sie nicht, dass sie in den eleganten Gängen im Sitz von Goldman Sachs International auf distinguierte ehemalige Botschafter stoßen werden. Die Bank heuert Ex-Banker und Ökonomen aus Zentralbanken an. Oder hohe Vertreter internationaler Finanzgremien. Für das Bankunternehmen sind Botschafter a.D. liebenswerte Statisten, ohne Beziehungen auf höchster Ebene, die von Wirtschaft keinen blassen Schimmer haben. Goldman Sachs liebt es konkret.

Vorteil dieses Netzwerks für Goldman Sachs: man agiert maskiert. In der Ausgabe vom 15. Februar der Financial Times kann man einen von Otmar Issing unterzeichneten Artikel gegen den Rettungsplan der EU für Griechenland lesen. Der Autor unterlässt es aber, zu präzisieren, dass er seit 2006 als internationaler Berater für Goldman Sachs International tätig ist. Dabei hat das Währungsteam der Bank, das gegen den Euro spekulierte, bei einer europäischen Intervention viel zu verlieren.

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