Uff! Nicolas Sarkozy, José Luis Zapatero, Giorgos Papandréou und Angela Merkel nach ihrem Treffen am 25. März 2010 in Brüssel (AFP)

Vorläufig Schluss mit dem Psychostress

Mit dem am Abend des 25. März getroffenen Abkommen über den Nothilfeplan für Griechenland haben die 16 Mitglieder Eurolands der seit Monaten andauernden Tragödie ein Ende gesetzt. Doch die europäische Presse beurteilt die gefundene Lösung als nicht gerade ideal und meint, der Bruch innerhalb der Union werde lange brauchen, bis er sich wieder schließt.

Veröffentlicht am 26 März 2010 um 16:45
Uff! Nicolas Sarkozy, José Luis Zapatero, Giorgos Papandréou und Angela Merkel nach ihrem Treffen am 25. März 2010 in Brüssel (AFP)

"Wir sind beim Epilog dieses langen Winters angelangt, der die Regierungen, die Märkte, die Zentralbanken, die Diplomaten und die Ökonomen mit dem Schreckgespenst eines bislang unvorstellbaren Ereignisses in Atem gehalten hat: des ersten bankrotten Staats aus Euroland, der Zahlungsunfähigkeit Griechenlands", schreibt Il Sole 24 Ore. Letztendlich haben jedoch "Angela Merkel und Nicolas Sarkozy, wie zur Zeit eines ambitionierten und weniger geteilten Europas, das deutsch-französische Siegel", auf das Abkommen gesetzt, zu dem man am 25. März am Rande des Europäischen Ratesin Brüssel gekommen ist.

Gemäß diesem Abkommen soll die bewilligte Unterstützung, damit Griechenland seine Schulden bestreiten kann, "die Form von bilateralen, von der Kommission und der Europäischen Zentralbank koordinierten Darlehen annehmen, dazu käme eine 'beträchtliche' Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF)" erklärt Libération. "Der IWF wird minderheitlich eingreifen", so die Pariser Tageszeitung weiter, "doch – und da kann man sich fragen, ob dieser Plan ernst gemeint ist – es wurde vereinbart, dass die gemeinsame Unterstützung nur 'im äußersten Notfall' geleistet werden soll. Kurz gesagt, erst wenn Griechenland vor der Insolvenz steht...." "Sogar diejenigen, die, wie Spanien, eine europäische Lösung bevorzugt hätten, geben zu, dass die Beteiligung einer internationalen Institution etwas Positives ist", heißt es in El Mundo. Das Abkommen sei trotz seiner ganzen Bedingungsklauseln "ein bedeutendes Sicherheitspolster für Athen".

Uneinigkeit am Rhein

Libération fragt sich weiter, ob es sich nicht doch "um eine einfache Fassade [handelt], hinter der sich eine tiefe, anhaltende Uneinigkeit der beiden Länder am Rhein verbirgt. Berlin deutet an, es sei beunruhigt über die Vorliebe Frankreichs für ein französisches Wirtschaftswachstum, das auf Konsum und öffentlichen Investitionen aufbaut", meint dazu Le Figaro, für den "Paris hingegen ganz offen ein deutsches Modell kritisiert hat, das auf einer Spar- und Exportpolitik beruht, die bei den Nachbarn die Defizite anschwillen lässt". Dem griechischen Ministerpräsident Giorgos Papandreou "wird die Pille bitter schmecken", kommentiert Le Figaro weiter: "Er erwartete von Europa Hilfe bei einer kostengünstigen Refinanzierung. Nun muss Athen bis Anfang Mai 15 Milliarden und bis Ende des Jahres 50 Milliarden Euro auftreiben. Die von Angela Merkel gestellten Bedingungen machen die gemeinsame Unterstützung der EU und des IWF zu einem sehr abschreckenden Ausweg."

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Betrüger wurden nicht bestraft

Auf deutscher Seite hat für die Presse nun nach Wochen des geschlossenen Zusammenrückens hinter Angela Merkel die Stunde des Umschwungs geschlagen: Während sich Spiegel Online fragt, ob die "eiserne Kanzlerin" Deutschland, das in Europa nun unter einem "Imageschaden" leidet, wirklich einen Gefallen getan hat, titelt das Handelsblatt über den "bitteren Sieg" der Kanzlerin, die "viel Porzellan hat zerschlagen müssen. Die Quittung dafür kommt sicher", wenn es demnächst gelte, eine Mehrheit für einen deutschen EZB-Präsidenten oder einen europäischen Währungsfonds zu gewinnen.

Auch in Polen wird das Abkommen kritisiert, etwa von der Rzceczpospolita, laut welcher "die Europäer die gleiche umstrittene Entscheidung getroffen haben wie Washington vor zwei Jahren: Sie haben beschlossen, den Betrügern zu helfen. Umstritten deshalb, weil es durch diesen Beschluss schwieriger sein wird, ihre Staatsdefizite niedrig zu halten, und weil die Betrüger nicht bestraft wurden". In Rumänien weist der Gândul darauf hin, dass es "mit der europäischen Solidarität nicht weit her zu sein scheint" und zitiert eine jüngste Umfrage in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien, laut welcher "sich 58 Prozent der befragten Europäer gegen den Gedanken einer finanziellen Hilfe für Griechenland im Namen der europäischen Solidarität aussprachen". (pl-m)

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