Für alle, die einen Platz an der Sonne haben: Cala Piccola, Monte Argentario, Toskana.

Monte Argentario, Paradies der tschechischen Elite

In Monte Argentario, an der Küste der Toskana, werden die reichen und sympathischen Sommergäste von den Einwohnern sehr geschätzt. Hier verbringen tschechische Politiker in Begleitung von Lobbyisten und Unternehmern in einem überraschend luxuriösen Rahmen ihren Urlaub.

Veröffentlicht am 1 August 2012 um 14:11
Für alle, die einen Platz an der Sonne haben: Cala Piccola, Monte Argentario, Toskana.

Am Fuß der auf einem felsigen Berg gelegenen Gemeinde am Tyrrhenischen Meer legen wir in einem kleinen Laden mit Ausschank eine Pause ein. Wir sind nur mehr einige Kilometer vom Ziel unserer Reise entfernt. Es ist heiß, das Thermometer zeigt mehr als 30 Grad. Aber eine angenehme Meeresbrise kühlt die Luft.

„Welche Sprache sprechen Sie?“, fragt der Verkäufer und stellt sich vor. Er heißt Angelo. Als er erfährt, dass wir Tschechen sind, lächelt er: „Wissen Sie, dass Ihre Politiker und Unternehmer hier überall Villen besitzen? Ich beliefere manchmal Ihren ehemaligen Premierminister.“ „Mirek Topolánek?“, frage ich. „Ja, Mirek“, antwortet Angelo eifrig nickend. „Und einer meiner Freunde ist Skipper auf der Aries“, fügt er hinzu. „Diese Jacht gehört doch auch einem tschechischen Politiker?“ Er hat Recht.

Die Azimut 68 Evolution, Aries genannt, im Wert von rund 50 Millionen Kronen [knapp 2 Millionen Euro] gehört dem ehemaligen Verkehrsminister Aleš Řebíček, Mitglied der ODS [Občanská Demokratická Strana, demokratische Bürgerpartei]. „Ales, Ales!“, wiederholt der begeisterte Angelo mit seinem netten italienischen Akzent.

Herzlich willkommen in Monte Argentario, einer von Touristen sehr beliebten Halbinsel, die vom Kontinent durch zwei Lagunen getrennt ist, der Laguna di Ponente und der Laguna di Levante.

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Ich war erstmals 2009 in Monte Argentario. In diesem Sommer erfuhr die Öffentlichkeit, dass die tschechischen Politiker hier zusammen mit Martin Roman, dem ehemaligen Vorstand von ČEZ [dem wichtigsten tschechischen Stromversorger] und seinem Freund, dem Lobbyisten Vladimír Johanes, ihren Urlaub verbringen. Für Topolánek, zu dieser Zeit Parteivorsitzender der ODS, den Abgeordneten Řebíček und Milan Urban, den stellvertretenden Vorsitzenden der ČSSD [Česká strana sociálně demokratická, tschechische sozialdemokratische Partei] war diese Enthüllung sehr peinlich. Die Geschichte wurde just einige Tage, nachdem der tschechische Gesetzgeber ČEZ Geschenke im Wert von mehreren Dutzend Milliarden Kronen offeriert hatte, publik.

Die Clique ist wieder in der Toskana

Auch dieses Jahr sonnt sich die tschechische Elite in diesen Villen. Ich treffe wieder auf dieselbe Clique. Aber die Kumpel haben nicht mehr die Funktionen inne, die sie vor dem italienische Urlaubsskandal 2009 innehatten. Topolánek ist nicht mehr Parteivorsitzender der ODS, Řebíček ist nicht mehr Abgeordneter und Roman steht nicht mehr dem Versorgungsriesen ČEZ vor.

Der Ortsteil Pozzarello, wo sich die weiße Villa von Vladimír Johanes hinter einer hohen Mauer versteckt, ist mein erstes Ziel. Johanes hat den reichen Tschechen das Tor zu Monte Argentario geöffnet. Bei ČEZ ist er mit den Beziehungen zu den Politikern betraut. Als Urban Industrieminister war, stand er ihm als Berater zur Seite. „Vladimír ist hier zu Hause. Wir kennen ihn gut. Ich spiele mit ihm Golf. Er ist sehr großzügig. Im Club bestellt er immer nur Wasser, lässt aber 1.000 Euro“, erinnert sich Agnella, Immobilienmaklerin, mit einiger Übertreibung.

Nur wenige hundert Meter entfernt, immer noch in Pozzarello, steht die Luxusvilla, in der Topolánek und seine Familie vor drei Jahren ihren Urlaub verbracht haben.

Diesen Sommer ist er wieder da. Auf der Terrasse sieht man seine Frau und die ehemalige stellvertretende Parlamentsvorsitzende Lucie Talmanová mit ihrem Sohn Nicolas. Vor dem Haus steht der weiße BMW von Tomáš, dem ältesten Sohn der Topoláneks. „Ich weiß nicht, was Sie eigentlich wollen, Sie belästigen hier Privatpersonen, die ihren Urlaub mit der Familie verbringen. Ich werde Ihnen nicht antworten und warne Sie, dass ich ernsthaft erwäge, Sie anzuzeigen, wenn Sie uns nicht in Ruhe lassen“, so reagiert der ehemalige Premierminister auf unsere Bitte um ein Interview.

Das Bild vom sehr reichen Tschechen

„Seine“ orangefarbene, 1.800 Quadratmeter große Villa, die rund 50 Millionen Kronen wert ist [etwa 2 Millionen Euro], sieht man schon von Weitem. Sie liegt in der Via dell’Olmo und ist vier Geschosse hoch. Der Pool befindet sich im zweiten Stock. Zwei große Türen führen in den Garten, der mit hohen Bäumen gesäumt ist. Das Haus steht auf einer Klippe gegenüber der Bucht von Pozzarello. Der Garten ist mit Statuen berühmter tschechischer Künstler dekoriert.

Die einflussreichen tschechischen Prominenten schätzen vor allem die Ruhe und Abgeschiedenheit von Monte Argentario. Obwohl der Badeort sehr beliebt ist, ähnelt er keineswegs den Luxusoasen für Milliardäre und Stars wie Monaco, die französische Riviera oder die Costa Smeralda in Sardinien.

Neben den Politikern besitzen auch mehr und mehr Unternehmer Ferienvillen in Monte Argentario. Die Einwohner der Halbinsel hoffen, dass viele Tschechen den Sommer bei ihnen verbringen. Nach den Erfahrungen mit Dalík, Topolánek, Řebíček und Johanes glauben sie, dass tschechische Politiker und insbesondere Unternehmer sehr reich sind. Deshalb sprechen sie nur positiv von den Tschechen, auch von den ehemaligen Politikern. Es gibt keinen Grund zur Klage: Unsere politische Elite könnte kein positiveres Bild von unserem Land projizieren. (cr)

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