Auf dem Athener Zentralmarkt.

Unser billig Brot gib uns heute

Die Athener Bäcker führen einen Einheitspreis von 50 Cent für Brot ein, denn die Griechen kaufen davon immer weniger. Eine Initiative, die sich auf andere Gewerbe ausweiten könnte.

Veröffentlicht am 26 Mai 2010 um 14:28
Auf dem Athener Zentralmarkt.

Von ein paar Tagen kündeten Gemüsehändler aus der Region um Thessaloniki an, dass sie ab 1. Juni auf den Wochenmärkten Obst und Gemüse nach 12 Uhr an kinderreiche Familien und Arbeitslose mit Preisabschlägen von bis zu 50 Prozent verkaufen werden.

Heute ziehen die Bäcker nach. Die Athener Bäckerinnung hat beschlossen, zu bestimmten Tageszeiten frisches Brot billiger anzubieten. "Wir haben unseren Mitgliedern vorgeschlagen, den Preis nach Gutdünken zu senken, um den schlechter Gestellten zu helfen", erklärt Innungschef Andréas Christou. Das Angebot gilt am frühen Nachmittag zwischen 14 und 16 Uhr. Der Laib Brot (rund 350 Gramm) soll dann 50 Cent kosten, normalerweise sind es 80 Cent oder 1 Euro. "Ein vernünftiger Preis", meint Christou. Brotsorten und Dauer der Operation wurden nicht näher präzisiert. Es geht bei der Aktion darum, den von der Krise besonders hart getroffenen sozial Schwachen zu helfen.

Viele Bäcker haben nicht einmal diese Entscheidung abgewartet. Anfang des Jahres senkten sie bereits ihre Preise, um der Konkurrenz der Supermärkte zu entgegnen und vor allem, um ihre Kundschaft nicht zu verlieren. In diesen harten Zeiten beschränken sich die Griechen selbst bei Grundnahrungsmitteln. Nur das Allernötigste wird gekauft. Der Brotverbrauch sei im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent gesunken, der Umsatz der Wochenmärkte um 30 Prozent.

Ein Viertel der Griechen unter der Armutsgrenze

Manche Verbraucherschutzorganisationen hoffen, dass weitere Verbände diesem Beispiel folgen werden, denn Athen gehört zu den teuersten Hauptstädten Europas, obwohl das Durchschnittseinkommen hier eines der niedrigsten ist. Das Einkommen ein Viertel aller Griechen liegt unter der europäischen Armutsgrenze. Allerorts wird lautstark appelliert, dass etwas gegen diese Situation getan werden müsse. Nach den Hoteliers, Bäckern und Obst- und Gemüsehändlern erreicht dieser Trend nun selbst die Banken. Manche sehen sich gezwungen, die Monatsraten der Kunden um 50 oder gar 70 Prozent zu senken, um sicherzustellen, dass die Kredite überhaupt zurückgezahlt werden.

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Noch vor ein paar Jahren empfahlen dieselben Banken ihren Kunden, Konsum- oder Immobilienkredite aufzunehmen und ermutigten vor allem Revolving-Kredite. Doch in der heutigen Krise fürchten die Banken den Bankrott und handeln unter Druck. Es ist fast unmöglich geworden, einen Kredit zu bekommen. Und es wird versucht, sicherzustellen dass laufende Kredite abbezahlt werden. Die Zahlen sind alarmierend. Bei 13,4 Prozent der Privatkredite in Griechenland ist ein Kreditausfall zu befürchten. Dann schon lieber die Monatsraten verringern, anstatt sich auf unzählige lange Rückforderungsverfahren einzulassen. (js)

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