Windräder in der irischen Grafschaft Waterford.

Ist die EU-Klimapolitik völlig verkehrt?

Die EU-Formel 20/20/20 -bis 2020 sollen die Treibhausgasemissionen um 20 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden- wird Milliarden kosten, aber der Nutzen im Kampf gegen den Klimawandel sei gleich Null, meint Bjørn Lomborg.

Veröffentlicht am 19 Juli 2010 um 13:11
Windräder in der irischen Grafschaft Waterford.

Europäische Spitzenpolitiker haben alle Hände voll zu tun. Wegen der Finanzkrise wurden rasch Konjunkturpakete und gemeinsame Anstrengungen verabschiedet, um Griechenland über Wasser zu halten. Währenddessen besteht die Gefahr, dass die EU von anderen Volkswirtschaften, die schneller wachsen und bei geringeren Kosten effizienter produzieren, überholt wird.

Ein Lichtblick ist die Entscheidung der Politiker, auf die globale Klimaerwärmung zu reagieren. Leider halten ihre Pläne nicht, was sie versprechen. Neuere Forschung zeigt, dass die EU-20/20/20-Politik, mit der die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 Prozent unter Wert von 1990 gesenkt werden sollen (mit einem Anteil von 20 Prozent erneuerbarer Energien), zwar Hunderte von Milliarden Euro kosten wird, aber nur geringen Nutzen bringt. Allein für Großbritannien belaufen sich die Kosten auf 35 Milliarden Euro pro Jahr.

Die Kosten-Nutzen-Analyse zum Klimawandel vom Ökonomen Richard Tol zeigt, dass die einzelnen regionalen Maßnahmen zur CO2-Reduktion nur sehr geringe Auswirkungen auf die globale Erderwärmung haben. Das ist kein Argument gegen die Durchführung, bedeutet aber eins: Es ist wichtig, dass sich die Ziffern summieren.

Europa hat sich verschätzt

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Die EU hat kürzlich festgestellt, dass es 46 Milliarden Euro pro Jahr kosten würde, um die Emissionsziele zu erfüllen. Diese Ziffer ist ungemein optimistisch. Selbst wenn die Politiker ihre Politik wie geplant durchziehen, käme man, so die seriösesten Studien, eher auf Kosten von durchschnittlich 106 Milliarden Euro pro Jahr.

Europa hat sich nicht nur verschätzt, sondern stattdessen die Dinge noch verschlimmert, indem zusätzliche Bürokratie und Regelungen geschaffen wurden — insbesondere das Ziel der 20 Prozent erneuerbarer Energien. Das ist teuer, weil die populären "grünen" Energien wie Wind- oder Sonnenenergie mehr kosten, als das Ersetzen von Kohle durch Erdgas beispielsweise. Ergebnis: die tatsächlichen Kosten der EU-Politik werden sich vermutlich auf mehr als 200 Milliarden Euro beziffern.

In seiner Studie für das [Copenhagen Consensus Center](http://www.copenhagenconsensus.com/CCC Home Page.aspx)CCC bewertet Tol den Nettonutzen dieser Politik. Ausgehend von der allgemein üblichen Schätzung, dass eine Tonne CO2 einen Schaden von rund 7 Dollar anrichtet, fand er heraus, dass der Nettonutzen der EU-Politik sich auf nur insgesamt 6,8 Milliarden Euro belaufen würde. Mit anderen Worten, jeder ausgegebene Euro bringt einen Nutzen von gerade mal drei Cent. Meine eigenen Studien zeigen, dass die Maßnahmen der EU den Temperaturanstieg bis Ende dieses Jahrhunderts nur um kaum noch messbare 0,05°C reduzieren würden.

Unsummen für eine sinnlose Politik

Die Tragödie ist, dass die EU Besseres für sich und die Welt tun könnte. Für weit weniger als 10 Milliarden Euro pro Jahr könnten die Malariafälle um die Hälfte reduziert werden; könnte man 80 Prozent aller unterernährten Kinder der Welt notwendige Spurenelemente (vor allem Vitamin A und Zink) verabreichen und damit einer Million Tuberkuloseopfer vorbeugen. Die EU-Politiker sollen den Kampf gegen den Klimawandel nicht aufgeben. Doch anstatt Unsummen für eine sinnlose Politik zu verschwenden, sollten sie in die Entwicklung umweltfreundlicher Alternativ-Energien investieren. Der Grund dafür, dass die CO2-Reduktion so teuer ist, liegt darin, dass die "grünen" Alternativen noch weit davon entfernt sind, Erdöl und andere fossile Brennstoffe zu ersetzen. Ändert man dies, durch massive Investitionen in Forschung und Entwicklung, wird die weltweite Pattsituation in der Klimafrage verschwinden. Gibt es bezahlbare grüne Energiequellen, würde jeder — auch China und Indien — sie kaufen und die CO2-Emmissionen auf dauerhaft sinken.

Was Europa nicht tun sollte, ist weiterhin einen Weg zu gehen, der wirtschaftlich keinen Sinn macht. Doch scheint es dazu ohne Rücksicht auf Verluste entschlossen. Die Europäische Kommission möchte gar das CO2-Reduktionsziel auf 30 Prozent unter den Wert von 1990 verschärfen — was, so die Berechnungen von Tol, schlappe 440 Milliarden Euro kosten würde, doppelt soviel wie die bestehenden Pläne. Resultat: in den nächsten 90 Jahren würde Temperatur zusätzlich um ein Hundertstel Grad gesenkt.

Teure und so schlecht konzipierte Pläne zur CO2-Reduktion wie die der EU werden erheblichen wirtschaftlichen Schaden und politische Unruhen hervorrufen, wobei die globale Erderwärmung kaum gebremst wird. Europa muss seinen Kurs wechseln. (js)

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