Frauenquoten sind eine Notwendigkeit

Da Frauen trotz der konsequenten Bestrebungen, die Gleichberechtigung am Arbeitsplatz zu fördern, weiterhin eine Seltenheit in den Chefetagen von Unternehmen sind, beschloss die Europäische Kommission zu Recht, eine Quotenregelung einzuführen, findet eine spanische Journalistin.

Veröffentlicht am 15 November 2012 um 17:12

Wenn sich die Luxemburgerin Viviane Reding durch eine bestimmte Eigenschaft auszeichnet, dann ist es ihre Ausdauer. Seitdem die erfahrene Europakommissarin die Zügel der Justiz in der Hand hält, kämpft sie verbissen dafür, die Macht der Frauen zu vergrößern und ihnen auch einen Platz in den Führungsetagen der Konzerne zu sichern. Und damit ist sie auch keinesfalls alleine.

Auf dem europäischen Kontinent gibt es zahlreiche Organisationen, die sich demselben Ziel verschrieben haben. Die Ergebnisse sind jedoch, wie zu erwarten war, enttäuschend, da die Offensive die Führungseliten ins Visier nimmt. Und dort ist niemand gewillt, unaufgefordert aufzustehen, um einer Frau seinen Chefsessel anzubieten. Deshalb scheiterte auch Viviane Redings erster Vorschlag im März 2011, Großunternehmen aufzufordern, aus freien Stücken die Chancengleichheit für Männer und Frauen zu fördern.

Die Quotenregelung, die sonst in unseren repräsentativen Demokratien sehr geläufig ist, kann in diesem Bereich weder mit der einstimmigen Unterstützung der Länder (so bevorzugt etwa Deutschland das Prinzip der Selbstregulierung) noch mit der Schützenhilfe der Gesellschaft rechnen. Ferner gibt es schlagkräftige Argumente, die gegen solche Maßnahmen sprechen: freies Unternehmertum, Aufstieg durch Verdienst (und nicht aufgrund des Geschlechts), rechtliche Grundlagen etc. Trotzdem ist die Diskriminierung offensichtlich: 86,3 Prozent der heutigen Vorstandsmitglieder sind Männer, in einem Europa, das sich eigentlich seit vielen Jahren zur Gleichberechtigung bekennt und in dem 60 Prozent der neuen Hochschulabsolventen Frauen sind.

Keine sehr ehrgeizigen Gesetze

Stillschweigend hoffen, dass diese Ungerechtigkeit in Europa in einem halben Jahrhundert irgendwie von selbst verschwunden sein wird, müssen wir deswegen allerdings nicht. Denn 11 der 27 Mitgliedsländer haben bereits Gesetze verabschiedet, die den Wandel in einem kürzeren Zeitraum erzwingen sollen. Die Texte sind noch sehr neu – viele von ihnen wurden im Laufe den vergangenen drei Jahren beschlossen. So zum Beispiel – mit erstaunlichen Ergebnissen – in Belgien, Dänemark und Frankreich sowie in Italien, den Niederlanden und Slowenien. Eine Vorreiterrolle spielen Spanien und die nordischen Länder. Die erlassenen Gesetze sind zwar nicht sehr ehrgeizig, sie haben aber immerhin dazu geführt, dass die Frauenquote in den Vorständen von 11,8 auf 13,7 Prozent gestiegen ist.

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Es gibt also weder Anlass für rauschende Freudenfeste, noch für tiefe Bestürzung. Die EU ist nur für landwirtschaftliche und handelspolitische Angelegenheiten sowie Wettbewerbsfragen zuständig. In den übrigen Bereichen werden Fortschritte nur durch große Überzeugung und noch größere Beharrlichkeit verzeichnet, bevor die jeweiligen Ideen auf nationaler Ebene und in internationalen Abkommen Einzug halten. Man denke nur an den Kampf gegen den Klimawandel oder den gescheiterten europäischen Vorstoß in Bezug auf eine Ökogebühr für ausländische Fluggesellschaften. Bei der Frage der Gleichheit gibt es ebenfalls starken Widerstand, und die Gründe sind ähnliche: unterschiedliche Wirtschaftsinteressen, Fertigungssysteme, Bräuche etc. … Niemand weiß besser als die Europäische Kommission, wie schwierig es ist, Frauen zu rekrutieren. Alle fünf Jahre fleht Brüssel die nationalen Regierungen an, Kandidatinnen vorzuschlagen. Und doch stellen Frauen heute erst ein Drittel der Kommissare. Auch scheint Rajoy nicht geneigt zu sein, die von Zapatero geprägte Politik der Gleichberechtigung weiterzuführen.

Um ihre Initiative durchboxen zu können, war Reding dazu gezwungen diese etwas abzuschwächen. Völlig unrealistisch ist jedoch, dass die Regelung nur bis 2018 gilt. Ich bezweifle, dass einer so eklatanten Diskriminierung in so kurzer Zeit mit so laschen Vorschriften auf europäischer und nationaler Ebene ein Ende gesetzt werden kann.

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