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Wenig Zukunft, viel Geschichte. Bilderbogen der Schlacht von Sedan. 1870

Sedan feiert nicht mit

50 Jahre nach der Versöhnung: Ein Autor geht auf Spurensuche im nordfranzösischen Sedan, das von Bismarck bis Hitler dreimal vergeblich Widerstand gegen die Deutschen leistete. Heute von Armut zerrüttet bleibt der Gemeinde nichts anderes, als die Vergangenheit wachzuhalten.

Veröffentlicht am 22 Januar 2013 um 11:22
Wenig Zukunft, viel Geschichte. Bilderbogen der Schlacht von Sedan. 1870

Schneeflocken tanzen im Licht der Straßenlaternen. Der Bahnhofsplatz glitzert winterlich weiß. Die wenigen Fahrgäste aus dem TGV, die hier in Sedan ausgestiegen sind, stapfen eilig davon. Fast schon feierliche Stille breitet sich aus. Minutenlang zeigt sich keine Menschenseele, kein Auto, kein Bus, kein Taxi.

In der Vergangenheit war es hier nicht so still. Im Krieg 1870/71 überrannten Bismarcks Truppen das vermeintliche französische Bollwerk Sedan zum ersten Mal, der in die Fürstenburg geflohene Kaiser Napoleon III. hisste die weiße Fahne, die Deutschen feierten fortan am 2. September den „Sedantag“.

Im Zweiten Weltkrieg fielen Hitlers Panzerverbände im Mai 1940 überraschend von Norden ein, einen Monat später war Frankreich besiegt. Ob die in jener Zeit geschlagenen Wunden vernarbt sind – jetzt, da Frankreich und Deutschland 50 Jahre Élysée-Vertrag, 50 Jahre Freundschaft feiern? Feiert die Stadt mit?

KONTRA

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„Eine einzigartige Verflechtung“

„Nichts ohne Deutschland“, verkündet die Tageszeitung Libération in ihrem Leitartikel vom 22. Januar, Jahrestag der Unterzeichnung des Élysée-Vertrags. „Eine Realität, die manchmal, angesichts unseren kleinen hexagonalen Polit-Theaters, schwierig zu schlucken ist, doch sie ist hartnäckig: 50 Jahre nach Unterzeichnung des Élysée-Vertrags, [...] kann Frankreich ohne Absprache mit seinem mächtigen Nachbarn nichts oder fast gar nichts mehr alleine tun.“

Die Tageszeitung begrüßt diese einzigartige Beziehung:

Kein anderes Land der Welt hat mit einem großen Nachbarland ein derart dichtes und leidenschaftliches Geflecht aus wirtschaftlichen, kommerziellen, finanziellen, politischen und selbst kulturellen Beziehungen aufgebaut.

Mit Blick auf den französischen Militäreinsatz in Mali, betont Libération den Widerstand Deutschlands „die internationale Verantwortung zu übernehmen, welche die Macht des Landes gebietet“ und stellt fest:

Alles, was auf der Roadmap stand, die Adenauer und de Gaulle hinterlassen haben, ist über Erwarten erreicht worden, nur in einem Bereich nicht: der Sicherheitspolitik. Dabei hatte der General vorausgesagt, dass beide Länder es riskieren, irgendwann überhaupt nichts mehr zu teilen, wenn sie in der Verteidigungspolitik nicht gemeinsam handeln. Der Élysée-Vertrag ist aktuell wie eh und je. Doch muss Deutschland sich noch weiter vorwagen.

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