Wir warnen Sie jetzt zum aller aller aller aller aller aller allerletzten mal!

Schuld ohne Sühne

Durch den Einsatz chemischer Waffen während des Angriffs vom 21. August erreichte der Konflikt eine neue Stufe. Nun werden in Europa Stimmen laut, die einen militärischen Eingriff verlangen. Doch keine der Lösungsmöglichkeiten scheint diesen Krieg aufhalten zu können, meint The Guardian.

Veröffentlicht am 23 August 2013 um 15:47
Wir warnen Sie jetzt zum aller aller aller aller aller aller allerletzten mal!

Es besteht kaum Zweifel daran, dass im Osten von Damaskus, in Ghouta, chemische Waffen eingesetzt wurden, und dass sie – anders als bei vorhergehenden angeblichen Angriffen – zahlreiche Opfer forderten. Ganz gleich ob die Zahl der Toten nun drei- oder, wie die Rebellen behaupten, vierstellig ist, es handelt sich hier um einen der bedeutendsten Angriffe mit chemischen Waffen, seitdem Saddam Hussein vor 25 Jahren die Kurden in Halabdscha angriff. Es ist auch eine unmissverständliche Herausforderung an [US-Präsident] Barack Obamas, der letztes Jahr ankündigte, der Einsatz von biologischen oder chemischen Waffen „würde seine Denkweise ändern“.

Es besteht auch wenig Zweifel daran, wer die Gräueltat begangen hat. Die syrische Regierung gestand ein, sie habe eine bedeutende Offensive in diesem Gebiet gestartet, und nur diese Seite der Kämpfenden besitzt die Fähigkeit, chemische Waffen in diesem Maßstab einzusetzen. Sprecher von westlichen Geheimdiensten haben berechnet, dass man Invasionsstreitkräfte mit rund 60.000 Mann braucht, um die zwölf Waffendepots mit chemischen Waffen zu sichern, die Baschar al-Assad zur Verfügung stehen. Man bräuchte eine Menge Sarin, falls es denn wirklich Sarin war, um so viele Menschen zu töten. Der Saringas-Anschlag in der U-Bahn von Tokio tötete 13 Menschen.

Die Frage nach dem Warum bleibt

Bleibt die Frage, warum. Um seinen Klientelstaat gegen die Beschuldigung zu verteidigen, nannte Russland den Angriff eine im Voraus geplante Provokation. Eingetreten sei sie nur fünf Meilen von dem Hotel, in dem die UN-Inspektoren untergebracht waren, die die angeblichen vorigen Zwischenfälle untersuchten. Es gibt vier mögliche Ursachen: ein syrischer Befehlshaber, der aus eigener Initiative gehandelt hätte – was eher unwahrscheinlich ist; ein Befehl von al-Assad, in dem Wissen, dass Obama nicht reagieren würde; oder die Entscheidung, härter gegen die Rebellen vorzugehen, die trotz der Verluste in Kusseir oder Homs immer noch das halbe Land kontrollieren. Die vierte mögliche Ursache wäre, dass es sich hier um einen fehlgeschlagenen Angriff war, der viel mehr Menschen tötete als ursprünglich beabsichtigt.

Es gibt keine richtige Reaktion auf diese Offensive. Frankreich und die Türkei setzen sich für einen militärischen Eingriff ein, Großbritannien schließt ihn nicht aus – wahrscheinlich Luftangriffe gegen Raketenlager und Flugzeuge, die Assad sicher nicht verlieren möchte. Er wird den UNO-Inspektoren wohl kaum erlauben, ihre Ermittlungen auf Gebiete außerhalb der drei Zonen auszuweiten. Da Russland und China hinter Syrien stehen, ist es auch unwahrscheinlich, dass der Sicherheitsrat sie damit beauftragt. Die Aufgabe der syrischen Regierung ist klar: Sie muss Zeit gewinnen, darf die UNO-Inspektoren nicht aus den Augen lassen, damit die physischen Beweise ganz allein verschwinden, was in einer hart umkämpften Zone nicht lang dauert.

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Es ist fraglich, ob Luftangriffe eine abschreckende Wirkung haben. Generalstabschef Martin Dempsey erklärte dem Kongress, die USA wären zwar in der Lage, in den Krieg einzugreifen, es würde jedoch keine gemäßigte Opposition geben, die das Machtvakuum ausfüllen könnte. Der regionale Krieg ist also noch nicht zu Ende und dieser chemische Angriff war vielleicht nicht der letzte.

Reaktion

Westliches Säbelrasseln in Syrien

Der französische Außenminister Laurent Fabius erwähnte in einem Interview die Notwendigkeit eines „härteren Vorgehens“, sollte es sich herausstellen, dass die syrischen Streitkräfte am 21. August wirklich einen Vorort von Damas mit Giftgas angegriffen haben, meint Le Figaro. Der Minister soll allerdings den Einsatz von Bodentruppen ausgeschlossen haben.

Ferner berichtet die konservative Tageszeitung, „eine Offensive gegen Assad“ würde im Süden von Syrien vorbereitet werden:

Eine Gruppe von 300 Männern, die wohl von israelischen und jordanischen Kommandos sowie Agenten der CIA unterstützt werden, hätten am 17. August die Grenze überschritten. Eine zweite Gruppe dürfte ihnen zwei Tage später gefolgt sein. Den militärischen Quellen zufolge bilden die Amerikaner, die weder Soldaten auf syrischen Boden einsetzen, noch die teilweise von radikalen Islamisten kontrollierten Rebellen bewaffnen wollen, seit einigen Monaten sorgfältig ausgewählte Mitglieder der Freien Syrischen Armee in einem geheim gehaltenen Trainingslager an der Grenze zwischen Jordanien und Syrien aus.

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