Die Banken werden zahlen…ein bisschen

Zusätzlich zum Rettungspaket für Irland haben die EU-Spitzenpolitiker beschlossen, ab 2013 auch die privaten Gläubiger in die Pflicht zu nehmen, wenn es darum geht, anderen Staaten Finanzhilfen bereit zu stellen. Ein Schritt in die richtige Richtung, schätzt die Presse, aber die Krise ist noch nicht überstanden.

Veröffentlicht am 29 November 2010 um 15:46

„Eine neue und entscheidende Etappe im Wettlauf zwischen den Politikern der Euro-Zone und den Märkten hat nun begonnen“, stellt La Tribunefest. Am 28. November „haben die Finanzminister der 27 Länder den mit 85 Millionen Euro dotierten Rettungsschirm für Irland gebilligt“, erklärt die französische Tageszeitung. „Vor allem Paris und Berlin haben sich darauf verständigt, einen dauerhaften Mechanismus über 2013 hinaus zu schaffen, um die Eurozone aus der Systemkrise zu führen. Griechenland hat den EU-Politikern deutlich gemacht, dass sie so schnell wie möglich Zusammenhalt zeigen müssen.“

Dieser Krisenbewältigungsmechanismus sieht auch eine Beteilung der privaten Anleger bei künftigen Rettungsaktionen für angeschlagene EU-Länder. Aber „im Gegensatz zu dem, was Deutschland fordert, soll über eine Beteiligung der privaten Gläubiger nur von ‘Fall zu Fall’ entschieden werden“, präzisiert La Tribune. Dies soll aber lediglich bei Zahlungsunfähigkeit und nicht bei einfachen Liquiditätsproblemen in Betracht gezogen werden. Konkret sollen ab Mitte 2013 Umschuldungsklauseln festgelegt werden, die eine mit den privaten Gläubigern verhandelte Umstrukturierung ermöglichen.

„Deutschland hat zu Recht einen Mechanismus verteidigt, der es den Ländern erlaubt, Zahlungen einzustellen, wenn sie ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen können. Die Umschuldungsklauseln könnten ein Mittel sein, dies zu erreichen“, schreibt die Financial Times. Wie die Tageszeitung feststellt, „sahen sich einige Länder bereits astronomisch hohen Anleihepreisen gegenüber. Natürlich kann man sich nicht mehr an die Bedingungen der Zeit vor der Krise anlehnen, wo alles zu deutschen oder ähnlich gelagerten Zinssätzen beliehen werden konnte. Dieses wacklige Modell ist heute zerstört. Die Ideen aus Berlin sind vielleicht nicht die Lösung aller Probleme, aber sie gehen zumindest in die richtige Richtung.“

Nichts als eine Nothilfe

Die Financial Times Deutschland ist dagegen etwas vorsichtiger. „Das Ergebnis scheint gelungen zu sein - und geeignet, die Märkte zu beruhigen“, steht im Leitartikel. Aber die EU-Regierungen seien für den Zeitdruck mitverantwortlich. „Das gilt gerade für Angela Merkels Politikstil, markige Forderungen aufzustellen, wie etwa die der Gläubigerhaftung. Sie mag dabei mehr an den Eindruck bei deutschen Wählern denken als an die globalen Märkte. Doch wochenlang zu schweigen und allenfalls nur Details zu dem Vorhaben unkommentiert durchsickern zu lassen, lädt Anleger zu Spekulationen geradezu ein.“

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„Weniger kreditwürdige Länder werden Schwierigkeiten haben, ihre Staatshaushalte zu konsolidieren, denn Investoren werden wohl eher die Anleihen wirtschaftlich stärkerer Staaten kaufen“, befürchtet El Mundo. „Mit dem Damokles-Schwert des Rettungsschirms über dem Kopf ist Spanien ein Land, aus dem die Investoren flüchten werden.“ Die Tageszeitung betont dagegen, dass „das neue System den Vorteil haben kann, die Staaten zu mehr Disziplin beim Staatshaushalt und damit bei der Verschuldung zu zwingen.“

Die Süddeutsche Zeitungstellt ihrerseits fest, dass die von der EU und dem IWF zur Verfügung gestellten 85 Milliarden Euro „nicht mehr als eine Nothilfe sind. Um die Schuldenkrise wirksam zu stoppen, müssen die Finanzminister die Anleger zur Kasse bitten. Und zwar von sofort an.“ (mz)

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