Chinesische und afrikanische Arbeiter auf der Baustelle des von China finanzierten Nationaltheaters von Dakar (Senegal). (AFP)

Europa bleibt in Afrika auf der Strecke

Die EU war früher ein privilegierter Partner der afrikanischen Länder, doch heute muss sie hinter China, Russland und jetzt auch Indien, das im Rennen um die wertvollen Rohstoffe des Kontinents ganz vorne liegt, zurückstecken.

Veröffentlicht am 30 Juni 2009 um 13:56
Chinesische und afrikanische Arbeiter auf der Baustelle des von China finanzierten Nationaltheaters von Dakar (Senegal). (AFP)

Afrika könnte Europas "Hinterhof" sein, etwa wie Lateinamerika für die Vereinigten Staaten. Doch seit Jahren ist der Dialog zwischen den beiden Kontinenten immer mehr ins Stocken geraten. Die Politik der Zusammenarbeit und das Austeilen von rückzahlungsfreien Unterstützungsgeldern waren ein Fehlschlag – trotz der Freigebigkeit Brüssels, das für den Zeitraum von 2000 bis 2013 knapp 10 Milliarden Euro veranschlagte.

China und Indien haben die Lücken schnell gefüllt: Die Afrikaner mögen sie, denn sie sind effizient im Durchführen von Projekten, sie reagieren schnell, sie arbeiten zu Schleuderpreisen und haben nichts gegen langfristige Kredite einzuwenden. Und vor allem schlagen sich diese Länder nicht mit langen Reden über Demokratie, Korruptionsbekämpfung oder Beachtung der Menschenrechte herum. Kurz: Sie sind keine Besserwisser.

Eine Fundgrube an Rohstoffen

Doch heute scheint Europa die Bedeutung Afrikas wieder neu zu entdecken: In Zeiten der Wirtschaftskrise, des verlangsamten Wachstums oder der allgemeinen Suche nach Energie und Rohstoffen kann es sich das Risiko, den schwarzen Kontinent zu verlieren, nicht mehr erlauben.

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Afrika ist eine Fundgrube an Rohstoffen: Hier liegen 10 Prozent der weltweiten Erdölvorräte, 90 Prozent an Platin, Kobalt und Chrom, 60 Prozent an Mangan, 40 Prozent an Gold, 30 Prozent an Uran und Bauxit und 25 Prozent an Titan. Ganz zu schweigen vom gigantischen Entwicklungspotential, vor allem in der Landwirtschaft, wenn es denn nur richtig genutzt würde.

Die Chinesen, die neuen Kolonisatoren, die gemeinsam mit den Indern begonnen haben, sich die Reichtümer zu kapern, nach welchen sowohl die Industrie- als auch die Schwellenländer lechzen, haben das sehr wohl begriffen, und zwar schon lange. Dmitri Medwedews Russland hat ebenfalls den Durchblick – es ist kein Zufall, dass der Präsident kürzlich mehreren afrikanischen Hauptstädten einen Besuch abstattete, um dort einen Schwung Verträge zu unterzeichnen: Er kaufte Uran ein und beteiligte sich mit der Gazprom am Projekt der transsaharischen Ferngasleitung. Letztere soll sich über 4.300 km erstrecken, insgesamt 15 Milliarden Dollar kosten und das Gas von Nigeria bis nach Italien und Spanien leiten. Für Europa dürfte diese Ferngasleitung auch die Aussicht auf eine Diversifizierung der Versorgungsquellen bieten, im Hinblick auf Russland. So war es zumindest geplant, doch es sieht ganz so aus als sei die Sachlage nun wieder anders.

Wieder bei Null anfangen

Europa fängt endlich an zu verstehen, dass es zwar früher einen privilegierten Zugang zum afrikanischen Kontinent hatte, heute jedoch zwischen tausend Missverständnissen und Kommunikationsproblemen Rückschläge einstecken muss. Und was passiert jetzt? Europa wird zum Großteil wieder bei Null anfangen und Verkehrsinfrastrukutren errichten, das berühmte Kettenglied, das in allen Entwicklungsstrategien fehlt. Um die Verbindung mit Afrika wieder zu festigen, ist diese europäische Entscheidung durchaus angemessen. Zumindest auf dem Papier. Doch wie sieht es mit den Finanzierungen und den europäischen Unternehmen aus, die sich massiv vom afrikanischen Kontinent zurückgezogen hatten? Der Franzose Michel Demar, Präsident von European International Contractors und Geschäftsführer einer in 40 Ländern (und einstmals auch in Afrika) vertretenen Baufirma, hält dies für eine erhebliche Herausforderung, angesichts von "zu viel Einmischung, politischer Unbeständigkeit, großen Finanzierungsschwierig-keiten und mangelnden lokalen Einsatzmitteln".

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