Mit einem Rettungsplan ist keinem gedient

Unter dem Druck der Finanzmärkte und mancher Staaten, die zur Annahme einer finanziellen Unterstützung drängen, muss die Regierung unter José Sócrates fest bleiben und das Vertrauen wieder aufbauen, versichert eine portugiesischen Editorialistin, denn Rettungspläne verschlimmern die Krise nur.

Veröffentlicht am 11 Januar 2011 um 17:16

Die Erfahrungen in Griechenland und Irland zeigen uns, dass wirtschaftliche Neuerfindungen mehr – neue und schwerwiegendere – Probleme schaffen und sogar die Einheitswährung in Gefahr bringen. Doch heute kommt es der portugiesischen Regierung zu, das Schlimmste zu vermeiden.

Mit dem Ende des Jahres 2010 waren sich die Spitzenpolitiker der Eurozone stärker der Risiken bewusst, denen der Euro durch die von manchen europäischen Ländern gewählten Ansätze zur Lösung des Schuldenproblems ausgesetzt ist. In diesen Kontext fallen auch die zahlreichen Beistandserklärungen, die zugunsten der von Portugal getroffenen Maßnahmen zur Bekämpfung des Haushaltsdefizits abgegeben werden.

Bisherige Politik dient dem Dominoeffekt

Die Eingriffe, zuerst in Griechenland und dann in Irland, haben gezeigt, dass das bevorzugte Modell des Schuldenkrisenmanagements zu einem Dominoeffekt beigetragen hat, der das Schreckgespenst eines Zusammenbruchs der Eurozone an die Wand malt.

Dublin hatte den Rettungsplan noch nicht angenommen, als Analysten und Ökonomen schon ihre Opferlisten aufstellen: Lissabon sollte folgen, dann Madrid und später Rom oder Brüssel. In dieser angekündigten Kettenreaktion gelangten die Analysten schnell zu einem offensichtlichen Schluss: Wir würden dem Zusammenbruch oder der Aufsplitterung der Eurozone beiwohnen. Und der Sturz der Einheitswährung würde eine tiefe Kluft in den gesamten europäischen Einigungsprozess schlagen.

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Weil sie sich der zukünftigen Bedrohungen für ein Projekt, das Europa seit über 50 Jahren Frieden und Wohlstand garantiert, bewusst ist, überdachte die europäische politische Führung (sowie ein Teil der europäischen Technokratie) die ganze Strategie zur Überwindung der Finanzierungsprobleme mancher Euro-Mitgliedsstaaten, darunter auch Portugal.

Lissabon kann nicht viel gegen die Crash-Kassandren tun

Nach Angaben der deutschen Zeitschrift Der Spiegel, doch offiziell von der deutschen Regierung dementiert, hätten Berlin und Paris gerne, dass Portugal offiziell eine finanzielle Unterstützung beantragt, um eine Übertragung der Krise auf Spanien zu vermeiden. Hat man in der Eurozone etwa seine Meinung geändert? Nichts weist darauf hin. Was jedoch zu fehlen scheint, ist das Vertrauen darauf, dass diese auf den europäischen Fonds und den IWF aufbauende Strategie dazu fähig ist, neue Eingriffe zu vermeiden und die Ansteckung Spaniens und anderer Länder zu verhindern.

Der neue finanzielle Sturm, der auf Portugal niedergeht, folgt auf die Ankündigung von zwei Staatsanleihen am 6. Januar. Die Finanzunternehmen erwägen es nun, zusätzliche Gewinne einzubringen, indem sie diese neu angebotenen Wertpapiere zu höheren Zinssätzen kaufen. Die Politik kann und darf diese Art von Transaktionen nicht durch Ankündigungen begünstigen, die zusätzliche Probleme schaffen, für Portugal wie für den Euro.

Der Gouverneur von Lissabon kann nicht viel gegen die Schwarzmaler tun. Doch Ministerpräsident José Sócrates kann sehr viel tun, indem er nämlich seine ganze Entschlossenheit und sein Stehvermögen der Bekämpfung des Haushaltsdefizits widmet. Die Regierung muss alles in Bewegung setzen, damit wir spätestens im Februar die Gewissheit haben, dass die Vorhersagen für das Staatsdefizit dieses Jahr eingehalten werden. Nur so kann er die Solidarität der Europäer und eine europäische Lösung erhoffen – ohne die Hilfe des IWF. (pl-m)

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