Nachbarschaftspolitik, das klingt übersichtlich, beinah betulich. Dabei ummäntelt das Brüsseler Wortgewand nur die zwiespältigen Arrangements mit jenen schwierigen EU-Anrainern, die man früher ungeschönt in Europas „Hinterhof“ verortete, heute aber als Partner benötigt.
Das beginnt, im Uhrzeigersinn, mit dem Weißrussland des Diktators Lukaschenka sowie der Ukraine des autoritären Präsidenten Janukowitsch und beider Gasleitungen. Und es geht, über kaukasische und nahöstliche Unfriedensgefilde, bis zur afrikanischen Nordflanke. Schon wegen ihrer üppigen Vorkommen nicht nur an Öl und Gas, sondern auch an (importiertem) Rauschgift, (importierten) Flüchtlingen und (importiertem) Islamismus haben die Führer der Region das Ohr Europas.
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Debatten
Freiheit auf dem Vormarsch?
„Wer ist dran?“ fragt sich Libération und druckt die Fotos mehrerer arabischer Staatschefs ab, die sich um die Auswirkungen der tunesischen Revolution auf ihre Länder sorgen. Für einige Beobachter ist sicher, dass „die lyrische Illusion nicht von Dauer sein wird. Die Anarchie droht eine neue Diktatur hervorzubringen. Und sollte sich zufällig eine Demokratie durchsetzen, dann könnte diese zunächst einmal den Islamisten zugutekommen, die den Geist der Arbeiterklasse eingefangen haben“,schreibt die Tageszeitung. Jedoch „hat das tunesische Volk heute bewiesen, dass ein universelles Echo auf den Ruf nach Freiheit folgt […]. Auch die westliche Diplomatie, die ununterbrochen die bestehenden Regimes unterstützt und ihre Prinzipien verrät, um auf der Seite des Stärkeren zu stehen, sollte dies langsam begreifen.“
Im Londoner Independent schildert der Journalist, Schriftsteller und Experte für die arabische Welt, Robert Fisk dagegen die „brutale Wahrheit über Tunesien“. Trotz des Freiheitwunsches einer tunesischen Jugend, die sich mithilfe des Internets organisiert, „muss die ‚Einheits‘-Regierung von Mohamed Ghannouchi gebildet werden Dieser war fast zwanzig Jahre lang Ben Alis Satrap. Die Verteidigung unserer eigenen Interessen befindet sich somit in den besten Händen. Schließlich liegen ihm diese mehr am Herzen, als die Belange seines eigenen Volkes.“