Ideen Vorgezogene Wahlen in Griechenland

Nach den Wahlen, eine breite Koalition

Ganz gleich wie die vorgezogenen Wahlen am 25. Januar ausgehen: Griechenland wird letzten Endes eine auf einem breiten Konsens aufbauende Regierung erhalten, denn das ist Athens einzige Möglichkeit, mit seinen Gläubigern umzugehen, meint der Chefredakteur von I Kathimerini.

Veröffentlicht am 8 Januar 2015 um 18:44

Wir hätten alle gerne eine Kristallkugel die uns sagt, was in den nächsten Monaten mit Griechenland geschieht. Manche sagen voraus, dass die Linke nach 70 Jahren in der Opposition endlich einen Wahlsieg feiern wird, andere glauben, dass die Linken nur kurz erfolgreich sein werden, während andere noch davon ausgehen, dass die Wahlen vom 25. Januar den Status Quo grundlegend ändern werden. Eine Prognose der Ereignisse in Griechenland ist seit dem Beginn der Krise immer schwieriger geworden und kein Meinungsforscher oder Analyst kann behaupten, genau zu wissen, was die Zukunft bringt.

Wenn ich eine Vorhersage zu machen hätte, würde ich aber sagen, dass Griechenland irgendwann 2015 von einer breiten Koalition regiert wird, die die Nation retten soll. Ich weiß nicht, wie wir dorthin gelangen, und es ist mir eigentlich egal, welche Partei oder welcher Politiker diese Regierung führt. Tatsache ist, dass Griechenland, unabhängig vom Wahlergebnis im nächsten Monat, irgendwann gegen März mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in großen Schwierigkeiten stecken wird.

Mit ist klar, dass diese Vorstellung den glühenden Unterstützern bestimmter politischer Parteien missfällt, die glauben, dass hinter jedem gescheiterten Regierungsversuch ihres Parteiführers eine Verschwörung steckt. Aber die Aufgabe, Griechenland zurzeit zu regieren, ist nicht nur kompliziert, sondern steckt auch voller Risiken. Die Krise zerfrisst weiterhin die politischen Parteien und ihre Führer. [[Das Land wird in Kürze vor einigen wirklich schwierigen Dilemmata stehen, die direkte und mutige Antworten erfordern.]]

Griechenland braucht vielleicht gar keine Volksabstimmung um zu entscheiden, ob es in der Eurozone bleiben sollte oder nicht, eine Bankenkrise oder ein anderes derartiges Ereignis könnte uns von der Qual einer solchen Wahl entbinden.
Das Land kann nicht viel mehr Drama aushalten. Die Bevölkerung ist erschöpft und verzweifelt, die Institutionen und diejenigen, die ihnen dienen sollen, sind ausgebrannt. Griechenland braucht neue, umfangreiche Verhandlungen mit seinen Gläubigern, die nur eine breite Konsensregierung handhaben kann.

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Diese muss einerseits allgemein akzeptiert werden, benötigt wird aber auch eine ernsthafte, arbeitende Regierung. Jeder Versuch, eine Formation zu präsentieren, die besser aussieht als sie arbeitet, wird nichts bringen. Wir brauchen eine Regierung, die schnelle Entscheidungen treffen und auch durchsetzen kann.

In der jetzigen Situation und angesichts des Niveaus der politischen Polarisierung scheint dies unmöglich. Aber die Menschen sind vielleicht schlauer als erwartet und zeigen einen starken Überlebensinstinkt – dann könnten sie durchaus etwas durchsetzen, das derzeit unmöglich erscheint: einen nationalen Konsens, der sicherstellt, dass niemand gefährliche Experimente macht, von denen das Schicksal des Landes abhängt.

Deutsche Übersetzung von Heike Kurtz, DVÜD

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