Auf einmal ist die Kanzlerin zu etwas bereit, das sie lange abgelehnt hat. Auf einmal will sie Deutschland noch enger an die anderen Staaten Europas binden – auch an Staaten wie Griechenland, die kaum noch als kreditwürdig gelten. Auf einmal soll sich Deutschland noch enger mit seinen Nachbarn abstimmen: beim Sparen, bei den Steuern, ja sogar bei der Frage, ab wann die Bürger in Rente gehen dürfen. Auf einmal also soll uns Europa so viel wert sein wie nie – ohne dass klar ist, ob die anderen nur unser Geld wollen oder ob sie tatsächlich bereit sind, unsere Regeln und Prinzipien zu akzeptieren.
All das steckt hinter der Idee einer europäischen Wirtschaftsregierung, wie sie jetzt auf dem Brüsseler EU-Gipfel diskutiert werden soll. Und all das ist hierzulande unglaublich unpopulär. Seit dem Ausbruch der Schuldenkrise ist die Angst vor weiterer europäischer Integration noch einmal gewachsen. Wenn die Deutschen heute Europa hören, denken viele an Kontrollverlust. Und dass der Euro einmal so sicher sein wird, wie die Deutsche Mark einmal war, glauben auch immer weniger.
Warum also tut Angela Merkel das? Und warum gerade jetzt?
Erinnern wir uns kurz an die Situation vor einem Jahr, an die Zeit vor den Wahlen in Nordrhein-Westfalen. Die Griechenlandkrise eskalierte, an den Finanzmärkten wetteten die Spekulanten auf den Zerfall der Währungsunion, und kurz vor dem Zusammenbruch half auch Deutschland den Griechen mit Krediten in Milliardenhöhe. Gleichzeitig aber stritten die europäischen Regierungen über fast jede wirtschaftspolitische Reform. Der Süden forderte vor allem bedingungslose Solidarität (vulgo: mehr Geld). Der Norden wollte Solidität, also rigides Sparen. Am Ende gab es von beidem etwas. Das Problem aber blieb. Bis heute ist weder die Schuldenkrise gelöst noch die Frage beantwortet, wie man ein krisenfesteres Europa baut. Zum ganzen Artikel auf der Website der Zeit...
Aus Spanien und Portugal
Merkel sagt Eurozone wie der Hase läuft
„Willkommen, Frau Merkel“, titelt mit Ironie die Tageszeitung ABC für den heutigen Staatsbesuch der deutschen Bundeskanzlerin in Spanien. Dieser Besuch erfolgt am Tag nach der Unterzeichnung des „von Deutschland geforderten“ Abkommens über die Rentenreform. Für ABC symbolisiert das offizielle Foto des Abkommens vor allem „ein arbeitsloses Land“. Und die Zeitung ist der Meinung, dass Merkels öffentliche Äußerungen in Spanien – wie auch immer sie lauten mögen – bestätigen werden, dass neue „dringende und tiefgreifende“ Reformen nötig sind.
Diese Forderungen beziehen sich auch auf den Rest Europas, insbesondere Portugal. Merkel „will hohe Kompensierungen“ für die von Portugal beantragte Unterstützung, schreibt der Diario de Noticias. Dazu gehört etwa die Verankerung einer Schuldenbremse in die Verfassungen der Euroland-Staaten. Diese Maßnahme, die Premierminister José Sócrates vorerst ablehnte, wird Angela Merkel anlässlich des Europäischen Rats vom 4. Februar mit allen Mitteln verteidigen.