Junge Spanierinnen im "Kunstzentrum" von Sevilla (Spanien). Photo von Comcinco

Vergiss Spanien

Spanien verzeichnet eine der höchsten Arbeitslosenquoten in Europa (35,4 %). Bei den unter 25-Jährigen hat fast ein Drittel keine Arbeit. Viele von ihnen verlassen also ihr Land und versuchen ihr Glück im Ausland.

Veröffentlicht am 10 Juli 2009 um 16:00
Junge Spanierinnen im "Kunstzentrum" von Sevilla (Spanien). Photo von Comcinco

Sara und Kiko sind gerade in Glasgow angekommen. Sie ist 27 Jahre alt, er 29. Sara hat gerade ihren Job aufgegeben. "Mein Freund ist arbeitslos und ich hatte auch keinen Traumjob. Wir wollten Englisch lernen und da wir weder Hypotheken noch andere Verpflichtungen haben, sind wir nach Glasgow gegangen." Hier erwarten sie Leire und Mario, ebenfalls zwei Spanier, die sich vor einem Jahr in dieser Stadt niedergelassen haben, um zu arbeiten, Englisch zu lernen und ihr Studium fortzusetzen. "Hier ist die Lage ein wenig besser als in Spanien. Die Wirtschaftskrise hat nicht dieselben Dimensionen erreicht."

Die jüngeren Generationen haben Stipendienprogramme wie Leonardo genutzt, um im Ausland eine erste Arbeitsstelle zu bekommen. Luzía gibt zu, dass die Liebe sie nach Mailand geführt hat. Allerdings hatte sie ein Faro-Stipendium aus dem Leonardo- Programm, um an einem Projekt über einen Online-Reiseführer von Mailand mitzuwirken. "Nach dem Ende meines Studiums wollte ich mich nicht endgültig in meiner Heimatstadt niederlassen, auch wenn mir das für die Zukunft schon gefallen würde. Ich wollte mir auch keine feste Arbeit suchen und ich glaubte auch nicht, eine zu finden, die mir gefallen würde."

Gehen, um zu bleiben

María hat es nach Paris verschlagen. Die junge Spanierin aus Córdoba war Stipendiatin in Madrid und erhielt monatlich 300 Euro. Da sie keine Arbeit mit besseren Gehaltsbedingungen fand, bewarb sie sich für ein Argo-Stipendium, das im Rahmen des Leonardo-Programms vom spanischen Ministerium für Wissenschaft und Forschung [Ministerio de Ciencia e Innovación] verliehen wird. Sie arbeitete sechs Monate in der französischen Hauptstadt und beschloss zu bleiben. Seit Januar bewirbt sie sich bei Unternehmen, um sich dauerhaft in Frankreich niederzulassen. "Die Lage ist hier etwas besser als in Spanien, da die Wirtschaftskrise nicht so ausgeprägt ist. Trotzdem ist es schwierig, Arbeit zu finden." María macht aus ihrer Muttersprache Spanisch ihre Stärke, wenn sie Unternehmen kontaktiert, die Mitarbeiter mit ihrem Profil und ihren Sprachkenntnissen suchen. Sie ist Teil der Generation, die die Vorteile der Unionsbürgerschaft nutzt und die unter der schützenden Hand Union in anderen Ländern ihr Glück sucht.

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Wie Sara, Kiko, Luzía, Leire oder Mario haben Tausende von jungen Leuten ihr Glück in Europa versucht, um sich weiterzubilden und sich persönlich zu entwickeln. Trotzdem vergessen sie ihr eigenes Land nicht, in das sie eines Tages gern zurückkehren würden. "Wenn alles gut geht, und wir bald eine Arbeit finden, haben wir die Absicht, hier eine Weile zu bleiben. Wir setzen uns keine Frist für die Rückkehr, aber wir hoffen, dass bis dahin noch viel Zeit vergeht. Denn das hieße, dass es uns gut geht, und wir zufrieden sind", so Sara und Kiko.

Was die Situation auf dem Arbeitsmarkt in Spanien angeht, sagt Sara: "Die Arbeitslage in Spanien ist katastrophal. Es gibt keine Angebote. Ich kenne viele Arbeitslose, und diejenigen, die arbeiten, tun dies nicht mehr unter den gleichen Bedingungen wie noch vor einigen Jahren. Die Arbeitslosigkeit steht auf der Tagesordnung. Ich denke, dass die Wirtschaftskrise in Spanien sehr plötzlich gekommen ist und sie nur sehr langsam, fast unbemerkt, bewältigt werden wird." Luzía ist nicht viel optimistischer: "Die Situation auf dem spanischen Arbeitsmarkt ist schlecht, vor allem für junge Leute, die weder anständige noch unbefristete Verträge erhalten. Für ältere Leute, die plötzlich auf der Straße stehen, ist es allerdings noch schwieriger. Sie haben nicht wie wir die Möglichkeit, neu anzufangen. Die Lage in Italien ist jedenfalls auch nicht viel besser."

Angesichts der schwierigen Wirtschaftslage, die in Europa herrscht, sehen die jungen Europäer in Italien, Frankreich und Großbritannien eine Chance sich persönlich zu entwickeln, beruflich weiterzubilden und neue Sprachen zu lernen. Zudem machen sie solche Erfahrung in einer schwierigen weltwirtschaftlichen Lage. Sie wollen nicht die Hände in den Schoß legen, sondern setzen auf sich selbst. Auch wenn dies bedeutet, von zu Hause wegzugehen. Zeit zurückzukehren wird es immer geben.

von Beatriz Bistué Garcés

Übersetzung: Carmen Nerreter

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