Zurück in die nationale Beschaulichkeit

Dänemark, das mit seinem Alleingang bei den Grenzkontrollen Furore macht, leitet den Rückbau der EU-Länder ins Nationale ein. Dann wird es wieder Grenzkontrollen geben, keine ausländischen Studenten, Einfuhrbeschränkungen und Transitverträge. Klingt gut, oder?

Veröffentlicht am 13 Mai 2011 um 14:39

Die Luft ist draußen. Das Projekt EU ist in eine schwere Krise geraten. Modernistisch ist daran nichts mehr, modern sind der Rückbau und die Sehnsucht nach nationaler Beschaulichkeit. Das treiben nicht bloß rechte Parteien voran, das ist fast schon Konsens. Und weil der breite Sog dieser Befindlichkeit mit konkreten Problemen der EU einhergeht, rutscht das gemeinsame Projekt tatsächlich bereits ab. Dänemark macht mit seiner angekündigten Wiedereinführung von Grenzkontrollen vor, wie es wohl bald in vielen Mitgliedstaaten weitergehen könnte.

Sehnsüchte nach einem Rückbau der EU gibt es genug. In Österreich wünschen sich heute viele Menschen den Schilling zurück, der nicht von Griechenland, Portugal und Irland gefährdet wäre. Viele träumen von der Rückkehr zu Grenzkontrollen, damit keine Einbrecherbanden, Bettler, illegale Zuwanderer und Drogenhändler mehr ins Land kommen. Sie würden es gutheißen, dass keine ausländischen Studenten mehr die heimischen Universitäten überfüllten. Sie würden wohl ohne Zögern befürworten, dass es wieder Beschränkungen für den Transitverkehr gebe. Eine Mehrheit, wir wissen es aus Umfragen, wäre für die Wiedereinführung von Barrieren für unseren Arbeitsmarkt. Und viele Unternehmen und Arbeitnehmer würden es letztlich nicht nur mittragen, sondern sogar vehement fordern, dass es wieder Einfuhrbeschränkungen für jene Produkte geben soll, die ihren eigenen heimischen Erzeugnissen den Rang ablaufen. Der Rückbau soll beginnen.

Er wird tatsächlich beginnen, wenn niemand in der Führung auch unseres Staates die Stimme erhebt und sich jetzt klar zum gemeinsamen Projekt Europa bekennt. Zum ganzen Artikel auf der Website der Presse...

Aus dem Baltikum

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Kein Herummurksen an Schengen

„Wie wir wohl wissen, kann jedes Gesetz gebeugt werden. Auch EU-Gesetze“, schreibt Marek Magierowski in der Rzeczpospolita. Er befürchtet, die geplanten Ausnahmen der EU-Regel über den freien Personenverkehr könnten bedeuten, dass dieser „edle Gedanke einmal kein europäisches Dogma mehr sein wird“. Die Autoren der vorgeschlagenen Änderungen behaupten, dass „beschränkte Grenzkontrollen“ nur „vorübergehend“ eingesetzt und nur in „Ausnahmesituationen“ anwendbar sein werden. Diese Definitionen können jedoch, wie der Kommentator der Rzeczpospolita bemerkt, sehr unterschiedlich ausgelegt werden. In Schweden etwa kann „vorübergehend“ zwei Wochen bedeuten, in Frankreich womöglich zwölf Monate.

Betrachten wir den Immigrantenstrom als eine „Ausnahmesituation“, die eine Einschränkung des freien Personenverkehrs rechtfertigt, dann muss daran erinnert werden, dass die Situation nicht innerhalb von 30 Tagen ihren Ausnahmestatus verlieren wird. Illegale Einwanderung wird ein Problem bleiben, so lange die EU an Afrika grenzt. Also für die nächsten paar Milliarden Jahre.

In der estnischen Zeitung Postimees bedauert Editorialistin Iivi Anna Masso, dass „Europa nach jahrzehntelangen Bemühungen zur Förderung von Zusammenhalt und Freiheit heute dazu übergehen will, seine Grenzen zu schließen, und zwar bis zu dem Punkt, dass sich viele fragen, ob der Integrationsprozess nun sein Limit erreicht hat.“

Nach den Ergebnissen der finnischen Parlamentswahlen ist die öffentliche Meinung zunehmend geteilt über das Rettungspaket für Portugal – ein Thema, das sich für die zukünftige Entwicklung der EU, die internationale Zusammenarbeit und die Offenheit bedeutend auswirken wird. Es ist auch ersichtlich, dass „Barbaren“ in den nordischen Ländern ein Problem aufwerfen: „Baltische Kriminelle“, die die Polizei dazu gebracht haben, die Wiedereinführung der Kontrollen an den Grenzen zu den baltischen Staaten zu verlangen. [...]

Während unsere Nachbarn an den südlichen Ufern des Mittelmeers ihr Leben riskieren, um eine freie und offenere Gesellschaft zu fordern, schreien neue Protestbewegungen in Europa nach der Rückkehr einer Welt mit mehr Grenzen. Es besteht kein Zweifel darüber, dass sich die Vorteile des Cocoonings als Illusion herausstellen werden. Wir können nur hoffen, dass die Bewegungen, die eine politische Isolation befürworten, Randerscheinungen bleiben. Anstatt Grenzen zu schließen, sollten wir anfangen, über die Vorgangsweisen und Bedingungen zu diskutieren, die es uns ermöglichen werden, ein besseres Leben in einer offenen Gesellschaft zu genießen.

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