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'n Appel, 'n Ei und ein neuer Freund

Paris-Prag für 40 Euro, Berlin-Rom für 60 Euro... Im Internet bieten immer mehr Seiten eine Europa-Durchquerung per Mitfahrgelegenheit an. Das ist sparsam, umweltbewusst und brüderlich - und spricht damit vor allem junge Menschen an.

Veröffentlicht am 7 August 2009 um 09:11
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Wie groß und schön ist Europa, seit es die Grenzkontrollen nicht mehr gibt! Auch wer das Schengener Abkommen meist nur vom Hörensagen kennt, profitiert mindestens einmal jährlich während des Sommerurlaubs. Wäre da nur nicht die Sache mit dem Geld.

Die Idee des "geteilten Autos", die unter dem englischen Namen "car sharing" firmiert, ist nicht unbedingt neu. So ist beispielsweise die bekannteste deutsche Mitfahrzentrale, die Arbeitsgemeinschaft deutscher und europäischer Mitfahrzentralen e.V. (ADM) schon seit mehreren Jahren deutschlandweit erreichbar. Gleiches gilt für die die italienische Iniziativa Car Sharing (ICS) und die französische Fédération du Covoiturage (FEDUCO), die zwar jüngeren Datums ist, sich aber in den wenigen Monaten ihres Bestehens schon regen Zuspruchs erfreuen kann. Doch da die eingetragenen Vereine meist eine Vermittlungsgebühr fordern oder die Aufnahme in den Club durch Mitgliederbeiträge und andere Regularien erschweren, hat sich parallel zu den agenturbetriebenen Mitfahrzentralen eine dynamische Internetgemeinschaft herausgebildet, die unbürokratisch billige Mitfahrgelegenheiten anbietet.

Die verschiedenen Internetseiten, die meist eine Art schwarzes Brett sind und sowohl Angebote als auch Gesuche veröffentlichen, sind kaum zählbar: Allein für Frankreich sollen nach Aussagen mitfahrgeprüfter Pariser an die 80 spezialisierte Seiten existieren. Daher sind es dann doch die bekannteren und meist genutzten Seiten wie www.mitfahrgelegenheit.de für Deutschland, www.trasportiamoci.it für Italien, www.covoiturage.fr für Frankreich oder www.autospolujizda.cz für Tschechien, die als erste Anlaufspunkte dienen. Dass man auf diesen Plattformen nicht nur Angebote für kurze Fahrten im eigenen Land, sondern ebenso längere Reisen ins europäische Ausland findet, ist mittlerweile selbstverständlich.

Die Vorteile der Mitfahrzentrale liegen auf der Hand: Abgesehen von der Umweltverschmutzung, die durch eine geringere Anzahl von Autos auf Europas Straßen und Autobahnen deutlich reduziert wird, gibt es als Belohnung für das ökologisch und sozial verträglichere Verhalten einen deutlich geringeren.

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So kostet eine Fahrt von Paris nach Prag im Urlaubsmonat Juli, die auf www.covoirturage.fr angeboten wird, per car sharing beispielsweise zwischen 40 und 60 Euro. Die Fahrt über Frankfurt am Main mit der SNCF und der Deutschen Bahn würde dagegen mit satten 106 Euro zu Buche schlagen. Da kann auch der Billigflieger nicht mithalten.

Abgesehen von den Vorteilen für den eigenen Geldbeutel, ergibt sich ein angenehmer Nebeneffekt: Die einsamen Stunden auf unendlich scheinenden Autobahnen sind vorbei. Anna, eine amerikanische Austauschstudentin aus Paris, hat diese Erfahrung gemacht. Auch wenn sie erst skeptisch war, als ihre deutsche Bekannte, mit der sie von Berlin Richtung Balkan reisen wollte, die Mitfahrgelegenheit vorschlug, hat sie sich dann doch schnell mit der Idee angefreundet. "Am Anfang habe ich mich ein bisschen komisch gefühlt, schließlich habe ich das ja noch nie gemacht. Ich weiß gar nicht, ob es so etwas bei mir zu Hause überhaupt gibt! Deswegen wollte ich zuerst nicht so recht und habe dem Fahrer alle möglichen gemeinen Dinge unterstellt." Doch der stellte sich schnell als ein netter Elektriker heraus, der täglich die Tour von Berlin nach Tschechien fährt und keine Lust hat, die langen Stunden alleine in seinem leeren Bus zu verbringen. So profitierten alle von der Fahrt: Anna lernte einige Brocken Deutsch und Tschechisch, Sonia erzählte von Marokko. "Alles liegt so nah beieinander. Man kann dort so preiswert herumreisen! Ein bisschen beneide ich euch Europäer."

von: Lilian Maria Pithan

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