Lettland schnallt den Gürtel am engsten. Photo von VanMageta.

Die fetten Jahre sind vorbei

In Mittel- und Osteuropa herrscht die Krise, und Länder mit einer extremen Wachstumsrate wie die baltischen Staaten sehen sich nun gezwungen, ihre Budgets zu kürzen. Dies fängt bei den Beamtengehältern an, und die Minister müssen mit gutem Beispiel voranschreiten.

Veröffentlicht am 12 August 2009 um 14:53
Lettland schnallt den Gürtel am engsten. Photo von VanMageta.

Letzten März hatte der rumänische Ministerpräsident Emil Boc noch versprochen, dass sich das gerade mit dem Internationalen Währungsfond (IWF) beschlossene Abkommen nicht negativ auf die Gehälter auswirken würde. Leider sieht sich seine Regierung nun gezwungen, es ihren Amtskollegen aus Mitteleuropa gleich zu tun und auch zu schmerzhaften Maßnahmen zu greifen. Dazu gehört die Kürzung von Beamtengehältern, wobei mit den hochrangigen begonnen wird. So werden ihre Gehälter um 8,4 Prozent beschnitten, während ihre Renten um bescheidene zwei Prozent ansteigen.

In Ungarn verdienen die Minister der Regierung von Gordon Bajnai seit dem letzten April um 15 Prozent weniger als ihre Vorgänger im letzten Kabinett von Gyurcsany. Bajnai selbst gibt sich mit einem symbolischen Gehalt von monatlich einem Forint (0,4 Cent €) zufrieden. Gleichzeitig haben die Beamten und Rentner ihr 13. Monatsgehalt verloren, sowie die Subvention für Heizung und verschiedene andere Unterstützungen, wie zum Beispiel den Kredit beim Wohnungskauf. In Führungskreisen wurden die Gehälter um die Hälfte gekürzt. Die Bezüge der bulgarischen und litauischen Minister sind Anfang des Jahres ebenso um 15 Prozent gefallen; die der estländischen um acht Prozent. In Lettland wurde noch stärker gekürzt: im Februar um 15 Prozent und im Juni um weitere 20 Prozent.

Noch schlechter dran als die Minister sind die lettischen Lehrer, deren Gehalt im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent gekürzt wurde. Seit dem 1. Juli fielen die Renten und andere Unterstützungen übrigens um zehn Prozent und Kindergelder wurden um die Hälfte gekürzt. So wurde Lettland in wenigen Monaten vom wachstumsstärksten Land der Europäischen Union zum "Kranken Europas", denn sein BIP wird dieses Jahr voraussichtlich um 18 Prozent fallen, während die Arbeitslosenrate um zehn Prozent ansteigen wird.

In Bulgarien sieht es nicht viel besser aus. Den 400.000 Angestellten des öffentlichen Dienstes wurden nicht nur die Gehälter eingefroren, sondern sie sind derzeit gezwungen, auf persönliche Ersparnisse zurückzugreifen, um ihre Arbeitsbedingungen zu erhalten. So haben Geschäftsreisen ins Ausland und die Erstattung von Rechnungen für Telefon oder Benzin ein Ende. Wie in Rumänien sind nur die Angestellten des Justiz- und des Innenministeriums nicht von diesen Maßnahmen betroffen. Bis jetzt zumindest.

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TRILLIONEN

Ran ans Sparschwein

Der Internationale Währungsfonds schätzt die Kosten der Krise auf 11,9 "Trillionen" Dollar, also 8 420 Milliarden Euro. Dies ist fast ein Fünftel des jährlichen BIP der gesamten Welt. Der Daily Telegraph meldet, dass in dieser Summe die Milliarden mit enthalten sind, welche die Staaten in Banken gepumpt haben, um sie vor dem Bankrott zu bewahren, um sogenannte Giftpapiere aufzukaufen, Schulden zu begleichen und die Bargeldzahlungen der Zentralbanken zu garantieren. Laut der englischen Tageszeitung stammt der Großteil dieser Summen – 10 200 Milliarden Dollar – aus den Industriestaaten. Großbritannien sei das Land, welches das meiste Geld für Notmaßnamen ausgegeben hat, um den Finanzsektor zu unterstützen: fast 82 Prozent seines BIP, also 1.227 Milliarden Pfund (1.431 Milliarden Euro). Die daraus resultierenden Haushaltsdefizite werden das Budget der G20-Länder durchschnittlich um 10,2 Prozent des BIP belasten, was seit dem Zweiten Weltkrieg ein Rekord ist, schließt die Zeitung.

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