Madrid, ein Werbezettel angebracht von "einer 36-jährigen Rumänin" (Foto: Daniel Lobo)

Madrid-Bukarest: Höllentrip im Billigbus

In Spanien lebende Rumänen werden, wenn sie in den Ferien nach Bukarest fahren, oft von illegalen Busunternehmen betrogen. Diese locken mit Billigpreisen, doch die Fahrt wird zur Hölle. Koffer stapeln sich in Toiletten, Zollbeamte werden bestochen und die Passagiere manchmal sogar mitten auf der Strecke ausgesetzt.

Veröffentlicht am 21 August 2009 um 16:15
Madrid, ein Werbezettel angebracht von "einer 36-jährigen Rumänin" (Foto: Daniel Lobo)

Es ist morgens halb acht. Iona, eine junge Rumänin, ist gerade auf dem Weg zum Madrider Busbahnhof Méndez Álvaro. Sie ist überglücklich, weil sie nach einem Jahr harter Arbeit als Hausangestellte nun nach Bukarest zurückkehrt, um dort ihren Urlaub zu verbringen. Mit vier riesigen Koffern beladen wartet sie, wie alle anderen Passagiere, ungeduldig auf die Ankunft des Autobusses. Doch wird dieser nicht kommen.

Diese Art von Zwischenfall kommt in mehreren Busbahnhöfen Spaniens seit Neustem immer öfter vor. Valencia, Castellón, Barcelona oder Madrid sind Zeugen der Odyssee, welche die rumänischen Staatsbürger jedes Mal erwartet, wenn sie zurück in ihre Heimat fahren möchten. Endlose Verspätungen, betrügerische Transportunternehmen, die Reisen verkaufen, die gar nicht existieren, Autobusse, die sich in einem mehr als schlechten Zustand befinden, oder aber unerwartete Abweichungen von der Reiseroute. Und das sind nur einige wenige Beispiele für die Unannehmlichkeiten, die viele der Reisenden ertragen müssen, wenn sie sich für den Autobus entscheiden, um nach Rumänien zu fahren.

Dreizehn legale rumänische Transportunternehmen gibt es in Spanien. Sie alle garantieren eine mehr oder weniger sichere Reise. Mit Preisen zwischen 90 und 100 Euro (für eine Fahrt), erlauben diese Buslinien ihren Reisenden allerdings viel mehr Gepäck mitzunehmen, als im Flugzeug. Vor allem aus diesem Grund schätzen sie die Autobusse so sehr und lassen sich auf eine drei Tage lange Reise in Richtung Karpaten ein. Jedoch werden die wichtigsten Busbahnhöfe seit einigen Jahren von betrügerischen Transportunternehmen heimgesucht. Wenn man einem der Verantwortlichen des Eurolines-Unternehmens Glauben schenken kann, so bieten diese theoretisch den gleichen Service zum halben Preis an. Von ihren Angestellten verlangen diese Unternehmen, dass sie in den Warteschlangen auf Kundenfang gehen, die sich vor den Schaltern der legalen Transportunternehmen bilden. Dort bieten sie ihnen Bedingungen an, die sie unmöglich ablehnen können. "Rumänen kümmern sich im Allgemeinen nicht viel um die Bedingungen, unter denen sie reisen. Alles, was sie wirklich interessiert, ist, anzukommen", erklärt der Eurolines-Vertreter.

Diese Autobusse holen ihre Passagiere in anderen Regionen Spaniens ab, um ihre Busse zu füllen. Wenn das Bedienungspersonal merkt, dass nicht alle Plätze besetzt sind, "denken sie sich Mechanik-Pannen aus". Wenn die Kunden Glück haben, bekommen sie ihr Ticket zurückerstattet. Doch kommen viele dieser Autobusse gar nicht an ihrem Ziel an. "Eines Tages hatte der Bus eine Panne in Frankreich und sie haben uns einfach im Stich gelassen. Nicht einmal einen anderen Bus haben sie uns vorgeschlagen. Wir waren gezwungen, einen Lieferwagen zu mieten, um nach Bukarest fahren zu können", erzählt ein Rumäne, der sich dennoch mit alldem abgefunden hat und weiterhin den Bus nimmt, weil es einfach das kostengünstigste Transportmittel ist. "Gerade jetzt im August kosten Flugtickets ungefähr 600 Euro und man kann kaum Gepäck mitnehmen", fügt er hinzu. Ein anderer Passagier weist darauf hin, dass sein Bus ihn und alle anderen Reisenden eines Tages "500 km vor Bukarest ohne die geringste Erklärung" hat sitzen lassen.

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Auch ist es keine Seltenheit mehr, dass rumänische Unternehmen von der Möglichkeit profitieren, noch mehr Gepäck zu transportieren, um auf diesem Weg ganz illegal Rohstoffe zu befördern. "Wir stellen fest, dass Rumänen diese Transportmöglichkeit oft wählen, um phänomenale Mengen an Schweinefleisch zu transportieren", erklärt ein Angestellter von Eurolines. Seiner Meinung nach "überleben viele dieser illegalen Unternehmen vor allem dank dieser Warentransporte". Um ihren Gewinn zu erhöhen, bauen sie mehr Sitze ein, als es die offiziell geltenden Regelungen erlauben. Oder sie stellen nur zwei statt fünf Busfahrer ein, wie es eigentlich die europäische Gesetzgebung vorschreibt. "Ich habe gesehen, wie bis zu 70 Personen in einen Bus gestiegen sind", regt sich ein rumänischer Reisender auf und fügt hinzu, dass einige Reiseunternehmen sogar die Toiletten und die Gänge mit Waren vollstellen. "Wie Ratten werden wir zusammengepfercht", beklagt er sich.

Diese Busse werden während ihrer Reise im Allgemeinen nicht durchsucht. Ein Stammkunde dieser Buslinie berichtet dagegen davon, dass der Busfahrer bei der Ankunft "an der ungarischen Grenze" immer fünf Euro von jedem Passagier verlangt, um die Zollbeamen zu schmieren und sie davon abzubringen, den Bus zu durchsuchen. „Wenn man den Bus nimmt, kann man alles, was man will, ins Land einschleusen“, fügt er hinzu.

Während der Hauptverkehrsphasen verkaufen viele der wohlhabenden Transportunternehmen Tickets der betrügerischen Unternehmen. Der Landesverein der Busunternehmen weist unterdessen darauf hin, dass "die Unternehmen, die eine Lizenz besitzen, kein Recht haben, an ihren Schaltern Tickets illegaler Unternehmen zu verkaufen". Er weist auch darauf hin, dass diese betrügerischen Transportunternehmen "Busse in armeseligem Zustand" fahren lassen, welche nicht einmal die eigentlich erforderlichen TÜV-Kontrollen bestanden haben.

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