Das „Königspaar“ am Krankenbett des Euro

Angela Merkel und Nicolas Sarkozy treffen sich am 16. August in Paris, um jeden Zweifel der Märkte an ihrer Unterstützung des europäischen Finanzstabilisierungsfonds aus dem Weg zu räumen. Die europäische Presse sieht die Entwicklung des Euro allerdings skeptisch, da sich die beiden Länder nicht über die Einführung von Euroanleihen einig werden.

Veröffentlicht am 16 August 2011 um 12:10

„Merkel und Sarkozy legen Entwurf für eine europäische Wirtschaftsbehörde vor“, so El Mundo. Der Madrider Tageszeitung zufolge sollten die Bundeskanzlerin und der französische Staatschef über das „erste strukturierte Projekt einer wirtschaftlichen Leitung der EU“ diskutieren, die zum "ersten Kern einer wahrhaftigen europäischen Exekutive“ werden könnte, sowie über die Orientierung einer gemeinsamen Fiskalpolitik. Kurz gesagt also über eine „Verstärkung der Verwaltung der Euro-Zone“, die am 17. September den 27 vorgelegt werden soll, jedoch kaum in der Lage sein dürfte, kurzfristig die Sorgen der Märkte zu beschwichtigen.

„Das Königspaar dürfte den Euro retten“, meint dagegen De Morgen. „Sie müssen sich tief in die Augen schauen“, um Maßnahmen vorzulegen, die die Finanzmärkte zuversichtlich stimmen. „Die beiden dürfen nicht enttäuschen, das wissen sie nur allzu gut“, fügt die Brüsseler Tagezeitung hinzu, der zufolge sowohl der französische Präsident als auch die Bundeskanzlerin gleichzeitig an ihre Wähler denken müssen, da die Beliebtheit beider in ihrem jeweiligen Land nachgelassen hat: „Sie können sich daher nicht zu viele Eingeständnisse erlauben, die ihrer politischen Karriere im jeweiligen Land im Wege stehen“.

Eben diese heikle Situation, in der sich Angela Merkel in ihrem eigenen Land befindet, beunruhigt Le Figaro. Die Pariser Tageszeitung erklärt, dass „die Abgeordneten ihrer Mehrheit beleidigt [sind], sich damit begnügen zu müssen, die wichtigen Entscheidungen über die Euro-Zone zur Kenntnis zu nehmen“. Fazit: Der Rettungsplan für Griechenland, dem im Juli zugestimmt wurde, wird nicht im September verabschiedet, wie es Bundeskanzlerin Merkel ursprünglich ihren europäischen Partnern versprochen hatte. Ein weiteres brenzliges Thema sind die Euroanleihen, die bei der CDU-FDP-Koalition tabu sind. „Die FDP droht mit der Kündigung des Koalitionsvertrags, falls die Christdemokraten diese Richtung einschlagen. Denn offensichtlich entwickelt sich die Meinung der CDU zunehmend zugunsten der sog. 'Eurobonds‘.

„Mein Name ist Bond. Eurobond“, lautet der Titel der taz, der zufolge sofort gehandelt werden muss, da Eurobonds die Spekulation gegen bestimmte Länder verhindern könnten. Die Bundesregierung hofft noch, Eurobonds mit Hilfe des Rettungsfonds zu vermeiden, dessen Zuständigkeiten erweitert wurden. Von dieser Lösung könne sich Angela Merkel der taz zufolge jedoch verabschieden, denn bei den Anlegern mache sich trotz des Rettungsplans Panik breit. Der Rettungsplan sei gescheitert, bevor man ihn überhaupt zur Kenntnis genommen habe. Die letzte Lösung könne die EZB bieten – oder die Eurobonds.

Das Beste vom europäischen Journalismus jeden Donnerstag in Ihrem Posteingang!

Die Süddeutsche Zeitung liegt auf derselben Wellenlänge. Die Münchner Tageszeitungmeint, dass Deutschland zahlen müsse, und zwar schnell, um die Einheitswährung zu retten. Ihrer Meinung nach gibt es keine Alternative zu den Eurobonds und zu einem echten Stabilitätspakt. Die Süddeutsche ist jedoch davon überzeugt, dass die Bundeskanzlerin zögert, weil für sie zwei wichtige Dinge auf dem Spiel stehen: ihre Koalition (CDU und FDP) und ihre Wähler.

Kathimerini berichtet, dass in Griechenland die Regierung „weiterhin auf die Einführung der Euroanleihen drängt, die Hoffnung jedoch schwindet“. Dieser Wirtschaftstageszeitung zufolge stehen die Chancen auf eine Einigung zwischen Paris und Berlin zu diesem Thema allerdings schlecht. Die Tageszeitung appelliertdarüber hinaus an die „deutschen Freunde“, die sie auffordert, sich ihren Partnern gegenüber solidarisch zu zeigen. „In der heutigen Zeit müssen sämtliche Europäer zu gemeinsamen Bemühungen und Eigenverantwortung bereit sein. Wer dazu in der Lage ist, muss Entschlossenheit zeigen, und alle anderen müssen ihr Möglichstes tun. Also bemühen wir uns gemeinsam.“

[Der Standard hält](http://[16/08/11 13:07:44%5d gian paolo accardo: http:/derstandard.at/1313024307205/Kommentar-von-Andras-Szigetvari-EU-Schuldenkrise-Abwarten-und-Tee-trinken) Euroanleihen schließlich für verfrüht: Grundsätzlich hält die Wiener Tageszeitung die Eurobonds für eine gute Idee, ihrer Meinung nach wurde diese Diskussion jedoch zu früh begonnen. Noch wurden nicht einmal die Entscheidungen des letzten EU-Gipfels [vom 21. Juli] umgesetzt und niemand weiß, was sie bewirken werden, so Der Standard, der meint, dass es absolut nicht das schlechteste Ergebnis wäre, sollten Angela Merkel und Nicolas Sarkozy heute in Paris ohne eine konkrete Entscheidung auseinander gehen. Die österreichische Tageszeitung ist überzeugt, dass „Abwarten und Tee trinken“ nicht unbedingt die schlechteste Strategie ist.

Tags
Interessiert an diesem Artikel? Wir sind sehr erfreut! Es ist frei zugänglich, weil wir glauben, dass das Recht auf freie und unabhängige Information für die Demokratie unentbehrlich ist. Allerdings gibt es für dieses Recht keine Garantie für die Ewigkeit. Und Unabhängigkeit hat ihren Preis. Wir brauchen Ihre Unterstützung, um weiterhin unabhängige und mehrsprachige Nachrichten für alle Europäer veröffentlichen zu können. Entdecken Sie unsere drei Abonnementangebote und ihre exklusiven Vorteile und werden Sie noch heute Mitglied unserer Gemeinschaft!

Sie sind ein Medienunternehmen, eine firma oder eine Organisation ... Endecken Sie unsere maßgeschneiderten Redaktions- und Übersetzungsdienste.

Unterstützen Sie den unabhängigen europäischen Journalismus

Die europäische Demokratie braucht unabhängige Medien. Voxeurop braucht Sie. Treten Sie unserer Gemeinschaft bei!

Zum gleichen Thema