„Vertraut uns nur!“

Das „Königspaar“ überzeugt nicht

Am Donnerstag (18. August) war ein neuer Einbruch an den europäischen Börsen zu verzeichnen: das Treffen zwischen dem „Königspaar“ Sarkozy-Merkel am Anfang der Woche hatte nicht gereicht, um einer Wirtschaft zu helfen, die an Fahrt verliert, wie die europäische Presse feststellt.

Veröffentlicht am 19 August 2011 um 13:46
„Vertraut uns nur!“

„Angst um Wirtschaft und Banken führt zum Einbruch an den Börsen“, lautet die Schlagzeile von El País. „Drei Jahre nach dem Schock“ vom Herbst 2008 „spukt das Gespenst von Lehman Brothers durch die Welt“. Der spanischen Tageszeitung zufolge „haben die europäischen Börsenindizes ihren schlimmsten Tag“ seit dem Niedergang von Lehman erlebt, und „die Angst vor einer Rezession“ rückt wieder in den Vordergrund, denn „ohne Wirtschaftswachstum können die Schulden nicht bezahlt werden“. „In der Euro-Zone haben die Europäische Zentralbank sowie die meisten Regierungen deflationistischen Politiken den Vorrang gegeben, anstatt gegen die vorherrschende Stagnation anzukämpfen“, bemerkt El País. Darüber hinaus verteidigt die Tageszeitung die Notwendigkeit, das Wachstum zu fördern, *„*damit die Märkte neues Vertrauen finden“. Sie gelangt zu dem Schluss, dass es sich hier„nach der ganzen unnützen Rederei über Sparmaßnahmen nicht um ein leichtes Unterfangen handelt.“

Das Handelsblatt fragt sich, ob „Merkel und Sarkozy [...]an den Märkten völlig durchgefallen" sind. Die deutsche Wirtschafts-Tageszeitung ist sich sicher, dass die Vorschläge von Merkel und Sarkozy nicht die einzigen Ursachen für die Panik der Anleger an den Börsen sind. Letztere hätten tatsächlich Angst, dass Europa Pleite machen könnte, und in den USA würde man fürchten, dass „die Probleme im europäischen Bankensektor auf ihre Institute übergreifen.“ Dem Handelsblatt zufolge ist derzeit oft die Rede davon, „die Europäer müssten sich entscheiden, ob sie den Euro zerbrechen lassen oder gleich eine Art Vereinigte Staaten von Europa bilden. Beides wird aber so schnell nicht zu machen sein.“ „Vielleicht“, so die Tageszeitung, „sollten sie sich eher entscheiden, wenn sie die Staaten nicht wirklich absichern können, dann wenigstens die Banken so zu schützen, dass das auch glaubwürdig ist. Dann wäre ein Teil der Panik unter den Investoren gebannt, viele Milliarden Euro an Vermögen würden nicht vernichtet.“

„Europa brennt“, so der Titel von Il Manifesto, dem zufolge „der befürchtete Double-Dip unmittelbar bevorsteht. Und seit dem Börsenkrach von 2008 scheint sich nichts geändert zu haben“. Die kommunistische Tageszeitung zeigt mit dem Finger auf die internationale Finanzwelt: „Die Staaten haben sich mobilisiert, um das Finanzsystem zu retten; hierzu haben sie ihre eigenen Bilanzen zerstört und eine übermäßige Staatsverschuldung in Kauf genommen, während sie die Sozialausgaben hoffnungslos zusammenschnitten, um Mittel zu finden. Am Ende dieser ersten Welle an Sparmaßnahmen hat sich das Finanzsystem bedankt und erneut mit der Spekulation begonnen. Über eine Reglementierung der Finanzmärkte spricht niemand mehr. Die Staaten sind jedoch keine Quelle frischer Mittel mehr, sondern ein Teil des Problems. Daher hätten die von Merkel und Sarkozy angekündigten Maßnahmen auch dann die Märkte nicht beruhigen können, wenn sie tausendmal intelligenter gewesen wären.“

Die Schlagzeile von Gazeta Wyborcza bezieht sich ihrerseits auf „Erneut einbrechende Börsenindizes, zitternde Volkswirtschaften und das herumspukende Rezessionsgespenst“. Der Wirtschaftsjournalist Witold Gadomski schreibt, dass „es an der Zeit ist, die Taktik der kleinen Schritte aufzugeben. Die europäischen Staatschefs scheinen jedes Mal von der Entwicklung der Krise, die bereits Griechenland, Portugal, Irland und Spanien verschlungen hat und bald vielleicht auch Italien in Mitleidenschaft ziehen wird, überrascht zu sein. Sie sind zwischen den Problemen ihrer eigenen Länder und denjenigen Europas hin- und hergerissen, zwischen den Launen ihrer Wähler – denen sie viel versprochen haben – und denjenigen der Finanzmärkte. Die EU leidet an einem demokratischen Defizit und einem Mangel an herausragenden Führungspersonen. Die Zeiten sind schwer. Ich lasse mich lieber von seriösen Politikern regieren als von Medienstars.“

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