"Ein Schreckgespenst plagt Europa – das Gespenst des langsamen Untergangs des Sozialismus." So beginnt der Artikel auf der ersten Seite des heutigen International Herald Tribune. Frisch nach dem "Bombenangriff", den die deutsche SPD dieses Wochenende bei den Wahlen hinnehmen musste, lässt die illustre amerikanische Tageszeitung die Debatte wieder aufleben, ob Europas Linke nun gestorben ist oder nicht. "Da, wo die Linke an der Macht ist", heißt es, "etwa in Spanien oder Großbritannien, steht sie unter Beschuss. Da, wo sie draußen ist, wie in Frankreich, Italien und nun Deutschland, ist sie gespalten und abgeschlafft." Das ist erst recht ironisch, da die Welt mitten in einer der "größten Herausforderungen an den Kapitalismus seit 75 Jahren" steht, zu welcher auch "ein Zusammenbruch des Finanzsystems" gehört. Die für einen derartigen Niedergang vorangestellten Gründe seien darauf zurückzuführen, dass sich die Mitte-Rechts-Parteien seit neuerem Ideen zu eigen machen, die traditionell eher sozialdemokratisch waren: "großzügige Sozialhilfe, nationalisierte Gesundheitsversorgung, strenge Beschränkungen über Kohlenstoffemissionen, ein paar Hoheitsabtretungen an die EU". Tony Judt vom New Yorker Remarque Institute beurteilt die europäischen Fragen so: "Ich glaube nicht, dass der Sozialismus in Europa eine Zukunft hat. Und angesichts der Tatsache, dass er zum Kern des europäischen demokratischen Konsens gehört, ist das eine schlechte Nachricht."
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