Ein Europa der zwei Geschwindigkeiten

Veröffentlicht am 5 Januar 2012 um 14:04

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Mit dem Titel "Arbeitslosigkeit spaltet Europa", kommentiert La Tribune die erheblichen Unterschiede zwischen Süd- und Nordeuropa: "Während Deutschland die niedrigste Arbeitslosenquote seit 1991 verzeichnet, sind die spanischen Zahlen in schwindelerregende Höhen von 23 Prozent gestiegen." "Diese Kluft wird wohl auch von der Dezember-Hochrechnung der Europäischen Kommission für die Eurozone bestätigt werden", kommentiert das Pariser Wirtschaftsblatt die für Freitag geplante Veröffentlichung. "In erster Linie veranschaulicht diese europäische Zweiteilung, wie es wirklich um die Wirtschaft des Alten Kontinents steht. Die einen tauchen immer tiefer in die Rezession ein (Griechenland, Portugal, Spanien), den anderen gelingt es, für eine – wenn auch geringfügige – Wachstumsdynamik zu sorgen.“

Arbeitsmarktreformen, die noch vor Ausbruch der Krise durchgeführt wurden, sind einer der Gründe dafür, dass es den Ländern im Norden (insbesondere Luxemburg, Niederlande, Österreich und Deutschland) so viel besser geht, meint die Financial Times. Sie "haben dazu beigetragen, die Erwerbstätigen dieser Länder international wettbewerbsfähig zu machen", meint das Wirtschaftsblatt und fügt hinzu: "Ein wichtiger Faktor, der den Ländern an der Peripherie fehlt". Darüberhinaus haben diese Länder schon immer massiv in Sektoren exportiert, die nach der Rezession von 2009 vom Wiederaufschwung in den Schwellenländern profitiert haben, betont das Blatt aus der Londoner City. Außerdem darf man die spezifische Arbeitsmarktpolitik einiger Länder nicht vergessen: Beispielsweise diejenige Deutschlands, die Entlassungen meidet und Kurzarbeit vorzieht.

Genau dieses Argument nimmt die Berliner Tageszeitungunter die Lupe und belehrt uns eines Besseren: Die Reformen haben nicht mehr Arbeitsplätze geschaffen, sondern das Arbeitsvolumen einfach unter immer mehr Arbeitnehmern aufgeteilt. Nebenbei wurde dadurch ein Niedriglohnsektor geschaffen. In Deutschland gibt es momentan 8,4 Millionen "Unterbeschäftigte", schätzt die TAZ und fügt hinzu: "in kaum einem anderen Industrieland driften Arm und Reich so schnell auseinander wie in der Bundesrepublik". Um dieses Rekordergebnis von 41 Millionen Erwerbstätigen zu feiern, hat die Regierung laut Zeitungsbericht gerade 330.000 Euro für die Plakat-Kampagne "Danke Deutschland – Wirtschaft. Wachstum. Wohlstand" ausgegeben.

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