Den Haags bittere Spar-Pille

Veröffentlicht am 2 März 2012 um 14:14

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Die niederländische Wirtschaft ist nicht mehr das, was sie einmal war: Am 1. März hat das Centraal PlanBureau (CPB, das niederländische Planungsamt) seine Wirtschaftsprognosen veröffentlicht: Demnach wird 2013 das Haushaltsdefizit 4,5 Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen und das Wachstum nicht die Ein-Prozent-Marke überschreiten. Um die europäischen Regeln zur Haushaltsdisziplin [nicht mehr als 3 Prozent Defizit] einzuhalten, bleibt der Regierung keine andere Wahl als, zusätzlich zu den geplanten Einsparungen in Höhe von 18 Milliarden Euro, noch weitere 9 Milliarden aufzutreiben.

Eine böse Überraschung, welche die Koalition der liberalen VVB und der christdemokratischen CDA, toleriert von der rechtspopulistischen und anti-europäischen PVV, unter Druck setzt. Die PVV hat bereits angekündigt, dass sie nicht der von Brüssel verordneten Linie folgen wolle. Die Regierung steht somit, wie De Volkskrant titelt, vor einer „höllischen Aufgabe“.

„Die Regierung wird von zwei Ketten behindert“, notiert NRC Handelblad: die „europäische Perspektive“ und die „wirtschaftliche Perspektive“. Beide lassen nur wenig Spielraum. Die Tageszeitung fügt hinzu, dass die extrem unnachgiebige Haltung „der Regierung und in erster Linie des Finanzministers Jan Kees de Jager [CDA]“ gegenüber den Schuldenländern der Eurozone das Land nun in eine heikle Lage bringe:

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Es bleibt quasi keine andere Lösung, als dieselbe bittere Medizin zu schlucken, die man den anderen Ländern aufgezwungen hat. [...] Von den Ländern Osteuropas wird nur wenig Verständnis und aus dem Süden wohl Schadenfreude zu erwarten sein.

Zumal die Niederlande auch nicht aus Verständnis aus den Reihen der EU-Kommission hoffen kann, da das Land stets den EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung Olli Rehn in seiner Rolle als „strenger Schulmeister“ unterstützt hat, der unflexibel auf die Einhaltung der Stabilitätskriterien achtet, notiert seinerseits De Volkskrant, selbst wenn andere Länder in einer ähnlichen Lage sind:

Madrid hat derzeit Defizit von 8,5 Prozent, das bis zum nächsten Jahr auf 3 Prozent gesenkt werden soll. Seit Wochen streitet der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy mit Brüssel, um mehr Zeit für die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen zu bekommen.

In seiner Kolumne in Trouw schreibt Rob de Wijk, es sei Zeit, dass die Niederlande aufhören, den „Knoblauchländern“, wie man in Holland die Länder Südeuropas nennt, Ratschläge erteilen zu wollen, denn:

Von allen reichen Ländern Europas stehen die Niederlande am schlechtesten da. Die Rezession ist hier ebenso stark wie in den Knoblauchländern, denen man unaufhörlich und mit hochmütigen Ton sagt, sie sollten doch mehr unternehmen.

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