„Der Zirkus Rath, eine tschechische Premiere“, schreibt bissig Lidové noviny. Zum ersten Mal in der jüngsten Geschichte der Tschechischen Republik wird ein unter Korruptionsverdacht stehender, in Untersuchungshaft sitzender Abgeordneter — unter bewaffneter Eskorte — vor das Parlament treten, um sein Mandat zu verteidigen.
Danach wird die Kammer abstimmen, ob die Immunität des Parlamentariers aufgehoben wird. Dem ehemaligen Kreishauptmann von Mittelböhmen wird vorgeworfen, Schmiergelder angenommen zu haben, die aus EU-Subventionen stammten.
Rath ist am 14. Mai festgenommen worden. Er hatte einen Weinkarton bei sich, in dem 7 Millionen Kronen in bar verstaut waren (rund 280.000 Euro).
„Ich bin von einem bewaffneten Kommando überrascht worden und war selbst verwundert, dass sich in dem Karton Geld anstatt Weinflaschen befand“, verteidigt er sich. „Ich weiß, die Geschichte klingt unglaublich, doch ist das Leben voll von unglaublichen Ereignissen“.
Die Verteidigungslinie von Rath beruht auf drei Punkten, erklärt Hospodářské noviny: Er wusste nichts von dem Geld, es handele sich um ein Komplott und die Abhörmethoden der Polizei seien zweifelhaft.
Die Vorsitzenden aller im Parlament vertretenen Fraktionen gehen davon aus, dass die Immunität von Rath höchstwahrscheinlich aufgehoben wird, dass er zurück ins Gefängnis geht und er sich vor Gericht zu verantworten haben wird. Sollte er schuldig gesprochen werden, drohen ihm bis zu zwölf Jahren Haft.
„Der Auftritt von David Rath wird scheußlich sein“, notiert Hospodářské noviny und fragt:
Muss man seinetwegen nun einen Artikel der Verfassung hinzufügen, dass man nicht vom Gefängnis vor das Parlament tritt? Oder dass ein verurteilter Abgeordneter automatisch sein Mandat verliert? Nein. Es scheint paradox, dass ein Richter kein Abgeordneter sein darf, ein Verbrecher aber schon. Doch die Verfassung ist dazu da, um Konflikte zwischen den verschiedenen Mächten im Staat zu schlichten, nicht aber die moralischen Konflikte eines Einzelnen.