Rettungsfonds unter Druck aus Deutschland

Veröffentlicht am 10 September 2012 um 13:15

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„Neuer Eilantrag soll Karlsruher ESM-Entscheidung aufhalten“, kündigt die Süddeutsche Zeitung an, nachdem sich Bundestagsabgeordneter Peter Gauweiler an das Bundesverfassungsgericht wandte. Die Richter sollen am 12. September darüber entscheiden, ob der Europäische Stabilitätsmechanismus mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar ist.

Doch Gauweiler verlangt, diesen Entscheid und somit die Ratifizierung des ESM-Vertrags zu verschieben – so lange, bis die Europäische Zentralbank ihre Entscheidung vom 6. September zum Ankauf von Staatsanleihen revidiert hat.

Für den CSU-Abgeordneten besitzt die EZB für einen solchen Beschluss „keine demokratische Legitimation“. Seines Erachtens richte sie einen „unbegrenzten Ultra- und Hyperrettungsschirm“ ein und setze sich damit über die parlamentarische Kontrolle des ESM durch den Bundestag hinweg.

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Für SZ-Autor Heribert Prantl deckt der Konflikt die politische „Feigheit“ Deutschlands auf, das keine Lösung für das demokratische Defizit in Europa gefunden hat:

Das Europa-Recht hat, zumal dann, wenn es um den Euro geht, keine Räder mehr, sondern Flügel. Es sind Flügel von besonderer Art: Mit ihnen hebt das Euro-Recht vom Boden ab, überfliegt Kontrollhäuschen und Kontrollmechanismen. Bei den Euro-Rettungsaktionen erhebt es sich (notgedrungen und zum Besten Europas, sagen die Euro-Retter) in Höhen, in denen die Luft dünn ist und rechtsstaatliche und demokratische Kontrolle kaum möglich. (...)

In dieser Situation wäre es gut, wenn das Europa-Parlament handlungsfähig wäre; aber es ist hier ausgebootet, und ausgerechnet das Bundesverfassungsgericht leistete dabei Schützenhilfe, indem es 2009, in einer dunklen Entscheidung, dieses Parlament zum Minder-Parlament erklärte.

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung heißt es, auch die Juristen des deutschen Bundestags teilten das Argument der mangelnden demokratischen Legitimität des ESM. Die Linke hatte das Gutachten in Auftrag gegeben. Die Juristen meinen, der ständige Rettungsfonds verletze den Deutschen Bundestag in seinem Budgetrecht und laufe Gefahr, „die Legitimität von Staatsgewalt [...] infolge von Verbindlichkeiten [...] praktisch zu entleeren“.

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