Bankenunion läuft die Zeit weg

Veröffentlicht am 5 Dezember 2012 um 16:20

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„Die 27 EU-Finanzminister sind gestern daran gescheitert, ihre Differenzen zu überwinden und eine Einigung zu erzielen, um bis Ende des Jahres die Bankenunion in die Wege zu leiten, welche als entscheidender Schritt zur Bewältigung der Krise gilt“, schreibt Público.

Die Tageszeitung aus Lissabon erklärt:

Die Erwartung von Ländern wie Portugal, Spanien, Frankreich und Italien ist, dass die neue Bankenaufsicht ab Januar 2013 operationell sein soll, zumindest für „systemische“ Banken [welche durch Ansteckung die gesamte europäische Union in Gefahr bringen könnten], um sich dann im Laufe des Jahres auf alle 6000 Geldinstitute der Eurozone auszuweiten.

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Trotz stundenlanger Verhandlungen kam keine Einigung über eine gemeinsame Bankenaufsicht, welche von der EZB gewährleistet würde, zustande. Ein erneutes Treffen ist am 12. Dezember geplant. Die Zeit drängt, denn:

Die Schaffung einer neuen Bankenaufsicht ist die Bedingung, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus [Rettungsschirm] in der Lage sein wird, strauchelnde Banken zu rekapitalisieren, ohne dass gleichzeitig die Schuldenlast der Länder erhöht wird.

Der Kompromissvorschlag, der verhandelt wird —

...schafft ein neues Aufsichtsgremium innerhalb der EZB, [...] in dem alle beteiligten EU-Länder über einen Sitz und Stimmrecht verfügen.

Doch haben Frankreich und Deutschland Barrieren gegen diesen Vorschlag errichtet, führt die Tageszeitung aus Lissabon fort:

Die Zaghaftigkeit Berlins hat aber hauptsächlich damit zu tun, dass man fürchtet, die Kontrolle über die kleinen regionalen Landesbanken und Sparkassen zu verlieren, deren Fragilität ein schlecht gehütetes Geheimnis ist. [...] Die Franzosen fürchten, dass ein internationale Aufsicht Zweifel an der Solidität der französischen Banken haben könnte, und sie den Zugang zum wichtigen Interbankenmarkt verlieren, der für die Finanzierung der Wirtschaft so lebenswichtig ist.

In ihrem Leitartikel bezeichnet die französische Tageszeitung Le Monde den Fall der Bankenunion als „eine Schlacht zwischen der Londoner City und Paris“ und fasst die Standpunkte beider Seiten zusammen:

Die Franzosen wollen schnell vorankommen, die Deutschen sich Zeit nehmen und das Vereinigte Königreich die City schützen. [...] Die Aufsicht soll von der EZB übernommen werden, einer Institution der Eurozone, der Großbritannien nicht angehört. Und ausgerechnet die soll nun die Londoner City kontrollieren! [...] Sprechen wir Klartext: So etwas mag man in London überhaupt nicht! [...] Doch im Hintergrund dieser Schlacht steht eine noch tiefer gehende Frage: Wollen die immer euroskeptischeren Briten Mitglied der EU bleiben?

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