Brüssel, Finger weg von unserem Snus!

Veröffentlicht am 20 Dezember 2012 um 14:52

In Schweden löste der am 19. Dezember in Brüssel vorgestellte Revisionsentwurf der EU-Richtlinie über Tabakerzeugnisse heftige Reaktionen aus. Der Text sieht nämlich vor, das Verbot von Kautabak wie dem in Schweden sehr beliebten Snus aufrechtzuerhalten. Weiter sollen „Warnungen vor Gesundheitsrisiken“ auf den Packungen angebracht werden, ähnlich wie bei Zigaretten, und zusätzliche Aromen sollen ganz verboten werden. Schweden hat derzeit eine Ausnahmegenehmigung für die Produktion und den Verkauf von Snus, doch es darf dieses Erfolgsprodukt seiner Tabakwarenindustrie nicht exportieren.

Aftonbladet beschuldigt die schwedische Regierung, die Freistellung des Snus zu gefährden, „so beschäftigt war sie damit“, unter dem Druck der Tabaklobbys „eine Exportgenehmigung zu erwirken“.

Nun wird Fredrik Reinfeldt in die Geschichte eingehen als der Ministerpräsident, der die Schweden um den Snus gebracht hat. [...] Wenn die schwedischen Politiker in Zukunft mehr Erfolg haben wollen, dann müssen sie ihre Strategie ändern. Die Priorität muss die Verteidigung der schwedischen Freistellung bleiben. Der Wunsch der Tabakindustrie nach der Erschließung neuer Märkte muss zweitrangig sein.

In Expressen sucht der Philosoph Lars Gustafsson die Schuld bei der „autoritären Sprache der Europäischen Kommission“, die „den Geschmack des Snus und seine Exportbestimmungen“ vorschreiben will. Das sei sogar, so schreibt er, „eine ausschlaggebende Frage der Demokratie“. „Doch darum geht es nicht“, schimpft er weiter.

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Es geht auch nicht um die philosophische Frage, ob eine Institution, die nicht in der Lage ist, eine konsistente Politik zum Stopp des Klimawandels zu bestimmen, den Verbrauchern der Mitgliedsstaaten sagen darf, wie sie ihren Snus konsumieren sollen. Nein. Was zählt, ist dass Herrn Barroso gesagt werden muss, dass er nur ein Lakai ist. Und dass er unseren Handelsminister nicht ignorieren kann, der im Gegensatz zu ihm eine demokratische Legitimation besitzt. Wie kommt Herr Barroso zu seiner Legitimität?

„Pierre Schellekens ist der Leiter des Büros der Europäischen Kommission in Stockholm. Und er verwendet Snus“, heißt es im Leitartikel der Tageszeitung:

Herr Schellekens kann also bald einen Bericht nach Brüssel schicken, über die zunehmende Skepsis gegenüber der EU in Schweden und über das negative Image der EU-Bürokraten, die detaillierte Bestimmungen aufstellen und den Geschmack unseres Snus verbieten wollen.

Die europäische Zusammenarbeit ist in vieler Hinsicht eine fantastische Erfindung. Doch genau diese Art von idiotischen Vorschlägen führt dazu, dass das Engagement der Bevölkerung zugunsten der Union nachlässt. Diese außerordentliche Unfähigkeit, zwischen den großen und den kleinen Fragen zu unterscheiden.

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