Wird das Land, das gestern den Vorsitz der EU übernommen hat, mit Erdöl die Krise bewältigen können? In Dublin glaubt man langsam daran, seitdem die Entdeckung von Rohölvorkommen in der Keltischen See in Cork ein „Erdölfieber“ ausgelöst hat, erklärt die Zeitung La Vanguardia. Die zweitgrößte Stadt Irlands erwartet nun „einen Wirtschaftsaufschwung“, der das von der Krise schwer getroffene Land „träumen lässt“, so die Tageszeitung aus Barcelona weiter:
Vertreter von ExxonMobil, Texaco und anderen Ölriesen lunchen in den Pubs und Restaurants der Stadt am Fluss Lee, so wie die Mitglieder der Gläubigertroika [Irlands: IWF, EZB und EU] es in Dublin tun. Doch hier tun sie es in der Absicht, zu investieren, und nicht als Kreditgeber, die ihre Bedingungen aufzwingen.
Das Erdölvorkommen mit dem Namen Barryfoe Field könnte bis zu 280 Millionen Barrel liefern, im Wert von 30 Milliarden Euro. Es fehlt nur noch ein Detail: 1,5 Milliarden Euro müssen gefunden werden, um das Öl fördern zu können. Dazu gründete Lokalmagnat und ehemaliger Rugbyspieler Tony O’Reilly die Firma Providence und erklärte, er wolle Cork zu „einer der erfolgreichsten Städte Irlands“ machen.
Es wurden früher schon Erdölvorkommen in der Keltischen See gefunden, doch durch die hohen Förderkosten waren sie unrentabel. Diesmal allerdings sind die Bedingungen deutlich besser, mit der Entwicklung preisgünstigerer Fördermethoden, den gestiegenen Rohölpreisen und der Senkung der Steuer, die ausländische Unternehmer auf ihre Investitionen in Irland zahlen müssen. Das Land baut auf seine Unternehmenssteuer – die niedrigste in der Europäischen Union, die auch Anlass zu stetigen Reibereien mit Brüssel ist. In Cork befinden sich sowohl der europäische Sitz von Apple als auch die Fabrik, in welcher der Pharmakonzern Pfizer sein Viagra herstellt. [...] Nun will die Stadt den nächsten Gang einlegen und sich in einer höheren wirtschaftlichen und finanziellen Liga positionieren. Sie will innerhalb Irlands dieselbe Stellung erlangen wie Aberdeen in Schottland und erhofft sich mit dem Erdöl aus der Keltischen See ähnliche Gewinne wie durch das Nordseeöl. Bei einem [weltweiten] Erdölverbrauch von bis zu 88 Millionen Barrel pro Tag und einem unstillbaren Durst, den ökologische Überlegungen nicht zu stillen vermögen, ist das durchaus kein Hirngespinst.
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