Presseschau Europäische Kommission

Das Medikament, von dem Brüssel nichts wissen will

Veröffentlicht am 9 Januar 2013 um 13:48

„Sorgt sich die EU-Kommission mehr um die Interessen eines amerikanischen Pharmakonzerns, als um das Überleben eines guten Dutzends von Kranken, die an einer seltenen Lebererkrankung leiden?“, fragt Libération. Die Tageszeitung berichtet:

Seit drei Jahren weigert sich die EU-Kommission vehement ein Medikament auf dem europäischen Markt zuzulassen, Orphacol, Produkt des kleinen französischen Pharmaunternehmens CTRS. Ein Medikament, das die betroffenen Kranken vor dem sicheren Tod durch diese seltene Krankheit bewahren kann. [...] Eine bürokratisches Spießrutenlaufen, welches sich nicht aus Sorge um die öffentliche Gesundheit erklärt. Denn für die Forscher — wie auch die 27 Mitgliedsstaaten — ist die Wirksamkeit des Medikaments einhellig erwiesen. Allerdings kommt diese Weigerung der Kommission einer amerikanischen Firma sehr gelegen: Asklepsion Pharmaceuticals, ein Labor, das von der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten kontrolliert wird und selbst eine Zulassung für ein Konkurrenzprodukt — welches es noch ausgereift ist — bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA in London beantragt hat...

Eine „unverständliche“ Unnachgiebigkeit, wie ein Beamter der Kommission zugibt. Denn, präzisiert Libération, „die Kommission stellt sich gewöhnlich hinter die wissenschaftlichen Urteile der verschiedenen europäischen Agenturen.“

Die Tageszeitung betont die Rolle von Patricia Brunko, verantwortlich für Humanarzneimittel und Referatsleiterin der EU-Kommission für Gesundheit und Verbraucherschutz. Von ihrem Gutdünken „scheint das Schicksal von Orphacol abzuhängen“, schreibt das Blatt sieht darin eine Verbindung zur Dalli-Affäre:

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Es ist allgemein bekannt, dass der ehemalige Chef von Brunko Ex-Kommissar John Dalli ist, den Kommissionspräsident José Manuel Durão Barroso im Oktober wegen des Verdachts der Einflussnahme bei der Tabakrichtlinie gefeuert hat. „Hier hingegen [im Fall Orphacol] wurde die EU-Anti-Korruptionsbehörde OLAF nicht eingeschaltet“, heißt es in Paris.

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