„Der Präsident vor Gericht“, kündigt Mladá fronta Dnes an. Wegen Hochverrats erhob der tschechische Senat Klage gegen Staatspräsidenten Vaclav Klaus, der in drei Tagen aus dem Amt scheidet. Eine Prämiere in der Geschichte der Tschechischen Republik.
38 von 68 Senatoren entschieden, ihn des Hochverrats zu beschuldigen. In der Klage, die vor allem von den sozialdemokratischen Senatoren der Opposition vorbereitet wurde, wird Klaus insbesondere die umstrittene Gefangenenamnestie vorgeworfen. Mit dieser Entscheidung, die er am 1. Januar erließ, wurden 7.400 Häftlinge freigelassen, und vor allem zahlreiche Gerichtsverfahren eingestellt, in denen gegen schwere Betrugs- und Korruptionsaffären ermittelt wurde.
Darüber hinaus werfen die Senatoren dem Staatspräsidenten weitere verfassungswidrige Entscheidungen vor: Er soll die Ratifizierung des Lissabonner Vertrages hinausgezögert, und das Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts missachtet haben, als er es ablehnte, einen Richter für vier Jahre zu ernennen.
Selbst wenn es „gute Argumente gegen eine Klage“ gibt und Klaus aus dieser ganzen Affäre „als Märtyrer hervorgehen könnte“, was „seiner politischen Karriere womöglich noch zugute käme“, ist „es gut, dass die Senatoren den Präsidenten drängen, Verantwortung zu übernehmen“, meint Respekt. Das Wochenblatt erinnert daran, dass
Klaus sich wiederholt wie ein absolutistischer Machthaber aufspielte und aus der Verfassung einen Kalender machte, dessen Blätter man nach und nach abreißen müsse. [...] Er ist derart willkürlich mit [der Verfassung] umgegangen, dass wir nun ein paar Dinge klarstellen müssen, beispielsweise was es mit der Begnadigung auf sich hat, oder wie es um die Ratifizierung der internationalen Verträge steht.“
Für Mladá Fronta Dnes stellt der Hochverrat
beispielhaft dar, wie abgeschieden und isoliert sich Klaus seine Meinungen bildet. [...] Die Fehler, die er während seines zweiten Mandats begangenen hat, sind insofern interessant, weil sie auch anderen Politikern drohen, weil sie deutlich machen, dass sie sich alle ihre Meinungen bilden, obwohl sie von der wirklichen Welt immer abgeschotteter sind. [...] Bleibt abzuwarten, wie [Klaus’] Nachfolger Milos Zeman mit dieser Gefahr umgeht.“