Es begann mit Irland...

Veröffentlicht am 16 November 2010 um 15:12

Wird die Union einen Rettungsschirm für Irland finanzieren? Stehen wir am Anfang einer größeren und schlimmeren Krise? Bei den kommenden Entscheidungen „zählt die Insel nicht viel“, meint der Standard. Die Wiener Tageszeitung kann „die Skepsis in Dublin“ angesichts des Verlusts seiner finanziellen Souveränität verstehen. „Das Grundproblem: Den Rettern vom Festland geht es in erster Linie gar nicht um Irland. Wie schon bei Griechenland ist die irische Volkswirtschaft viel zu klein, um den Euroraum mit in die Tiefe zu ziehen. Aber wie die Griechen schulden Irland und seine Banken den Kreditinstituten im Euroraum und in Großbritannien viel Geld — allein deutschen Kreditinstituten 138 Milliarden Euro.“, stellt das Blatt fest und hebt die Gefahr eines Dominoeffekts hervor, der die viertgrößte europäische Volkswirtschaft zu Fall bringen könnte: Spanien.

„Ist nun Spanien dran?“ fragt sichEl Mundo. Die Tageszeitung aus Madrid berichtet, dass, „Spanien, am Rande des Abgrunds stehend, von der EU bedrängt wird.“ Denn die EU-Kommission schätze, dass „die irische Situation sich auf Spanien niederschlagen könnte, sollte das Land nicht das Vertrauen der Märkte wiedergewinnen.“ „Die Regierung kommt mit den im vergangenen Mai beschlossenen Strukturreformen nur mäßig voran, und die Zeit wird knapp“, notiert das Blatt. Madrid müsse unter anderem das Rentensystem reformieren, und die Sparkassen — ein Hauptproblem für die Finanzierung der spanischen Wirtschaft — fusionieren, so wie der spanische Zentralbankchef es „aufs Dringlichste fordert.“

Im benachbarten Portugal meint Diário de Notícias, dass „die [portugiesische] Regierung zwar nicht um Hilfe schreit, die irische aber schon“ In Brüssel aber, so schreiben die Kollegen von Público, „hört man immer öfter, dass eine EU-Hilfe an beide Länder unausweichlich ist.“

Wie konnte es dazu kommen? Für Les Echos, zahlt Europa nun die Zeche für die Entscheidungen vom Frühjahr. Während der Griechenlandkrise habe Europa „aus purem Stolz jede Form der Schulden-Restrukturierung eines EU-Mitglieds ausgeschlossen.“ Ein Vorgehen, um „Zeit zu gewinnen und die Märkte zu beruhigen.“ Doch „die Finanzmärkte haben sich erst vor ein paar Monaten beruhigt und die Zeit wird nun knapp für die Länder am Rand des Euroraums, also Griechenland, Irland oder Portugal, um eine Refinanzierung unter akzeptablen Konditionen zu erreichen“ meint die französische Wirtschaftszeitung.

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Und „wie soll denn, bitte schön, Irland bis 2014 sein Defizit von 32 Prozent des BIP auf 3 Prozent herunterkurbeln?“ fragt das Blatt. „Hochverschuldung kann nur früher oder später zur Zahlungsunfähigkeit führen — oder aber man schuldet um. Bis heute weigert sich Europa, den Dingen ins Gesicht zu sehen.“ Es müsse also dringend „aufhören, sich etwas vorzumachen. Ein „geordneter“ Restrukturierungsmechanismus für die schwächsten Länder muss her — mit anderen Worten eine Umschuldung, unter Beteiligung der Gläubiger.“

Für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, hat ein „Pokerspiel um Irland“ begonnen. Angela Merkel stecke mit ihrem Vorhaben, ab 2013 den heutigen Rettungsschirm durch einen „Krisenmechanismus“ zu ersetzen, zwischen Märkten und Steuerzahlern in der Klemme. Die Bundeskanzlerin fordere die Beteiligung von Gläubigern, also vor allem Banken und Fonds, zur Rettung überschuldeter Länder.

„Es sei den Bürgern nicht länger zuzumuten, dass mit dem Geld der Steuerzahler Banken gerettet würden, diese aber für die Folgen falscher Investments nicht einstehen müssten“, erklärt die FAZ. Für das Blatt hat die Bundeskanzlerin zum Hochschnellen der Märkte beigetragen, als sie während des G20-Gipfels in Seoul die deutsche Position bekräftigte. Nach Einschätzung eines von der Tageszeitung befragten Bankers, waren viele Investoren nicht sicher, dass Portugal oder Irland unter den Rettungsschirm schlüpfen könnte. (js)

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