Und was ist mit der Demokratie?

Veröffentlicht am 17 November 2010 um 12:57

Ein paar Monate nach der Griechenlandkrise, und auch angesichts der Einbruchgefahr für Irland und deren Übergriff auf die anderen Länder der Eurozone, richtet die Europäische Union nach und nach Koordinations- und Kontrollmechanismen ein. Doch ebenso wie die EU damit das Zersplittern der Eurozone verhindert, büßt sie auch an Demokratie und an Zustimmung ihrer Bürger ein, warnt das Wall Street Journal.

„Der politische Part des europäischen Projekts wird gerade erzielt, nachdem es zur Zeit der Gründung der Einheitswährung als zu schwieriges Thema beiseite geschoben wurde“, stellt die amerikanische Wirtschaftszeitung fest. Nunmehr „sollen nicht nur die Haushalte, sondern auch alle anderen wirtschaftspolitischen Aspekte der Eurozonenländer überwacht werden. Das geht deutlich über einen Zusammenschluss der Hoheitsrechte hinaus. Wenn es nach einer Regierung aussieht und sich wie eine Regierung anhört, dann ist es wahrscheinlich auch eine Regierung.“

„Doch was passiert, wenn genug Wähler in einem so genannten Nationalstaat der Eurozone eines schönen Tages beschließen, dass sie eine neue Regierung wollen?“ fragt Editorialist Iain Martin. „Und damit meine ich nicht eine Umbesetzung innerhalb der politischen Elite, die von den Obligationsmärkten und der Einheitswährungs-Orthodoxie gedrillt wird, sondern eine Wahl, die wirklich eine Wende nach rechts oder nach links verursacht, einen neuen Kurs, der eine unabhängige Wirtschaftspolitik erfordert. Vielleicht werden solche Wähler in Ländern wie Irland dann trotzdem ruhig bleiben, wenn sie herausfinden, dass diese Möglichkeit von der EZB und von der EU dauerhaft verhindert wurde. Doch was passiert, wenn sie es nicht mit Fassung tragen?“

„Skepsis gegenüber dem Projekt Europa führt zu Nationalismus und Extremismus, sagte Herman Van Rompuy letzte Woche“, stellt die Zeitung fest. „Es ist ebensogut möglich, dass die Gestaltung einer neuen Regierungsform, deren Kern nicht die Demokratie ist, die Wähler erzürnt und den Extremisten einen Durchbruch öffnet.“ (pl-m)

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