Druck auf Putin durch mögliche „Nawalny-Liste“

Veröffentlicht am 19 Juli 2013 um 14:16

Die Times bezeichnet in ihrem Kommentar die Verurteilung des Oppositionsführers Alexej Nawalny am 18. Juli zu fünf Jahren Gefängnis als „schaurig vorhersehbar“. Das Urteil gegen den bekannten Protest-Blogger wird von vielen als politisch motiviert gewertet und als weiteres Beispiel dafür gesehen, wie der Kreml versucht, jede oppositionelle Stimme auszuschalten.

Die Tageszeitung führt fort, das Verfahren gegen den Aktivisten — der dann doch noch gegen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt wurde, bis das Urteil rechtskräftig ist — sei ein weiteres Beispiel für die radikale Fehleinschätzung Putins der öffentlichen Stimmung. „Die urbane Mittelklasse sehnt den Wandel ungeduldig herbei.“

Das Blatt meint:

Der Westen kann das Verfahren von Nawalny verurteilen, wie er es schon bei den Musikerinnen von Pussy Riot, beim inhaftierten ehemaligen Oligarchen Michail Chodorkowski und vielen anderen getan hat. [...] Doch der demokratische Wandel in Russland muss von innen kommen: angetrieben von einer Opposition, die über die Metropole Moskau hinaus geht und auch die vielen Unzufriedenen in den relativ reichen Großstädten der russischen Föderation erreicht. Für die zivile Opposition ist es an der Zeit, den Dilettantismus aufzugeben, sich zu organisieren und eine politische Plattform zu finden, welche die Autorität von Putins Partei Einiges Russland zielgerichtet anfechten kann. [...] So wie Nawalny sich nicht von seiner Gefängnisstrafe einschüchtern lässt, so muss auch der Westen standhaft bleiben. Russland verdient eine bessere Regierungsführung.

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Die französische Tageszeitung Le Monde wiederum bedauert die „ekelerregende Zurückhaltung“ der Europäischen Union:

[Die Europäer] sagen, sie bräuchten Russland. Im Bereich Energie stimmt das sicherlich. Aber auf diplomatischem Parkett ist es falsch. Ob in Syrien oder im Kampf gegen das iranische Atomprogramm: Der Kreml hilft uns nicht. Er agiert gegen die Europäer.

Um dem Argument der „fehlenden Druckmittel“ zu entgegnen, schlägt die Tageszeitung die Einführung eine „Nawalny-Liste“ vor: Allen Funktionären, die in den Skandal verwickelt sind, solle die Einreise in westliche Länder verwehrt werden. Eine Liste, die noch vor den Olympischen Winterspielen 2014 im russischen Sotschi erstellt werden sollte — „als Warnung an Russland“.

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