Schuldenkrise
Angela Merkel, Nicolas Sarkozy und Mario Monti bei ihrem ersten Dreiertreffen am 24. November 2011 in Straßburg

Monti mischt mit bei “Merkozy”

Nach Nicolas Sarkozy, der am 9. Januar nach Berlin reiste, war Mario Monti am 11. Januar an der Reihe, mit Angela Merkel über die Rettung der Eurozone zu diskutieren. Er warb für einen flexibleren Umgang mit der Krise und erhielt die gewünschte Unterstützung der Kanzlerin.

Veröffentlicht am 12 Januar 2012 um 15:19
Angela Merkel, Nicolas Sarkozy und Mario Monti bei ihrem ersten Dreiertreffen am 24. November 2011 in Straßburg

"Wenn es für die Italiener in absehbarer Zeit nicht greifbare Erfolge ihrer Spar- und Reformbereitschaft gibt, wird in Italien ein – sich heute schon abzeichnender – Protest gegen Europa entstehen, auch gegen Deutschland, das als Anführer der EU-Intoleranz gilt, und gegen die Europäische Zentralbank", warnt Mario Monti in einem Gespräch mit der Welt online. Seinen Mahnruf scheint die Kanzlerin wohl vernommen zu haben.

So kann La Stampa berichten: "Merkel gibt Italien grünes Licht". Die Zeitung schildert, dass:

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Deutschland Gefallen an Mario Montis Italien findet. Der geplante EU-Vertrag, über den man momentan diskutiert, scheint keine Bedrohung mehr darzustellen. […] Vereinfacht gesagt: Monti besuchte Angela Merkel, um ihr mitzuteilen, dass er sehr gut versteht, warum die Deutschen von den anderen Ländern der Eurozone so unnachgiebig Härte und Effizienz verlangen, auch wenn sie dadurch längere Zeit kurz vor dem Ruin stehen. Allerdings warnte [Monti] sie auch davor, dieses Spielchen nicht zu weit zu treiben und machte klar, wie belastbar Italien noch ist.

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Für La Repubblica legt Deutschland dagegen keine übermäßige "Offenheit" an den Tag: Auch wenn es Monti gelungen ist, die in der Vereinbarung für eine verstärkte Wirtschaftsunion geplante Haushaltskontrolle zu lockern, die Ende Januar diskutiert werden soll, "lassen die Maßnahmen, mit denen man das Vertrauen der Märkte gewinnen will, doch sehr zu wünschen übrig."

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Bundeskanzlerin Merkels Lobrede auf das, was Montis Regierung bisher geleistet hat […] beweist, wie groß Europas Angst vor einem finanziellen Zusammenbruch Italiens war und wie erleichtert man darüber ist, dass das Land nun endlich verantwortungsbewusst regiert wird. Jedoch wird das nicht reichen, um das Land zu retten. Und vermutlich nicht einmal, um den Euro zu retten.

Für Il Sole 24 Oreist "das Problem" in Europa "nicht mehr Italien", sondern Deutschland. Während die Rezession an Europas und Deutschlands Türen klopft und die Wirtschaft nur durch eine gemeinsame europäische Dynamik wieder angekurbelt werden kann, gibt es nur

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Worte, auch wenn sie neu sind, aber nur Worte: Das ist alles, was Merkel Montis Italien anbietet. […] Wenn ein deutsches Regierungsoberhaupt so viel über Europa spricht, dabei aber weder etwas wirklich Wichtiges sagt noch etwas wirklich Wichtiges tut, obwohl die Zukunft des Euro in Gefahr ist; wenn es auf die Haushaltsführung seiner Partner direkten Einfluss nehmen will, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen, dann besteht durchaus Grund zur Sorge. Insbesondere weil dieses Spiel schon viel zu lange dauert und – wie die Märkte beweisen – nichts dabei herauskommt. So sehr, dass man vielmehr nach der Verantwortungslosigkeit Deutschlands fragen sollte, als den Mittelmeerländern immer und immer wieder ihr unverantwortliches Benehmen vorzuwerfen, während sie sich trotz hoher sozialer Kosten darum bemühen, die Lage wieder in den Griff zu bekommen. (Außer natürlich [Deutschland] hat sich zum Ziel gemacht, den Euro nicht zu retten, sondern ihn zu ruinieren.)

Die Kanzlerin hat Mario Monti "zu Recht gelobt",meint die Frankfurter Allgemeine Zeitung mit Blick auf die Reformen, die Montis Regierung auf den Weg gebracht hat. Darüber hinaus hat sie dem italienischen Regierungschef zu mehr Mut geraten: Er solle "die extrem hohen Finanzvermögen" seines Landes endlich besteuern. Montis Wunsch, seinem Land auf den Märkten zu niedrigeren Kreditzinsen zu verhelfen, liegt dem konservativen Blatt dagegen ein wenig schwer im Magen:

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Seit jeher ertragen die EU-Partner die italienische Abweichung vom erträglichen Schuldenmaß mehr als duldsam. Die Italiener haben das größte Geschenk des Euro, ungewohnt tiefe Zinsen, nicht zur Sanierung der Staatsfinanzen genutzt. […] Nicht die EU schuldet Italien niedrigere Zinsen, sondern Rom den Europartnern den immer wieder versprochenen Abbau der zu hohen Staatsschuld.

Von Berlins Dickkopf, der immer mehr Sparmaßnahmen fordert, scheint man in ganz Europa langsam aber sicher genug zu haben, stellt Der Spiegel online fest. Erste Konsequenz: Innerhalb der EU scheinen sich die Kräfte zu verschieben. Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Mario Monti haben sich zu einem neuen "Duo" zusammengeschlossen, um Angela Merkel Kontra zu geben, berichtet Der Spiegel undbetitelt das Ganze mit: "Zwei gegen 'La Merkel'".

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So schnell kann ein Hoffnungsträger unbequem werden. […] Monti will nicht mehr sparen. Er möchte eine andere Politik, eine ganz andere als die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. […] Alles das fordert, so oder ähnlich, Paris seit langem. […] Bislang hat [Merkel] sich gegen Sarkozys Wünsche meist durchsetzen können. Das wird nun schwieriger. Denn nun bekommt der Franzose Verstärkung aus Italien, der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone immerhin. Ende vergangener Woche war Monti beim französischen Präsidenten, um die weitere Marschroute abzustimmen. Es ging wohl sehr einträchtig zu.

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