Zeitungsleser in einem Park in London, März 2012.

Des vierten Standes Zähmung

Lordrichter Brian Leveson kritisiert die ethischen Standards der britischen Presse. Nach dem Abhörskandal bei News of the World müssen nun viele Journalisten mit strafrechtlichen Anklagen wegen Bestechung rechnen.

Veröffentlicht am 30 November 2012 um 16:41
Zeitungsleser in einem Park in London, März 2012.

Der 2.000 Seiten starke Bericht beschreibt eine Medienindustrie, in der Korruption und Belästigung, die an Verfolgung grenzt, florieren, und empfiehlt die Einführung einer neuen, unabhängige Institution zur Überwachung der Presse auf gesetzlichen Grundlagen. Die Zeitungen sprechen sich einstimmig für eine Reform aus, weisen jedoch alle gesetzlichen Einschränkungen zurück, da sie die Fähigkeit der Presse, als Wächter zu fungieren, behindern würden.

So schreibt Philip Stephens in der Financial Times:

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Lordrichter Brian Leveson versucht, einen Weg aufzuzeigen. Er schlägt ein neues von Regierung und Parlament unabhängiges Regulierungssystem vor, das auf gesetzlichen Grundlagen beruht. Das bedeutet nicht, wie Herr Murdoch und seine Kumpel behaupten, staatliche Kontrolle. Die Grundidee ist richtig. Aber Brian Leveson hätte einen Schritt weiter gehen und den Medien Schutz garantieren müssen, wenn sie von jenen Rechenschaft verlangen, die Macht und Einfluss besitzen.

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Der Leitartikler des Daily Telegraph kritisierte ebenfalls eine gesetzliche Regulierung:

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Es wäre falsch, das schlechte Benehmen einer Minderheit als Vorwand zu benutzen, um ein Pressegesetz einzuführen, nachdem die Zensur bei uns bereits 1695 abgeschafft worden ist. Was auch immer der Lordrichter damit erreichen will, es würde zu einem staatlichen Eingriff in die Pressefreiheit führen. Der Bericht enthält viele gute Ideen, so zum Beispiel der Vorschlag, günstige, wirkungsvolle Schlichtungsverfahren einzuführen, damit Opfer rasch entschädigt werden können. Sie sollten die Grundlage der neuen Medienregulierung bilden.

Das Boulevardblatt The Sun, der Bruder von Rupert Murdochs News of the World, die nach dem Abhörskandal eingestellt wurden, fügt hinzu:

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Änderungen waren nötig. Sie sind auch schon umgesetzt. The Sun hat Fehler eingestanden, ihre Unternehmenskultur geändert und die Corporate Governance verbessert. Aber die vorgeschlagenen neuen Gesetze, die Zeitungen der Kontrolle des Staats unterstellen, beunruhigen uns zutiefst. Wie unabhängig kann eine Regulierungsbehörde sein, wenn sie vor dem Parlament Rechenschaft ablegen muss? Ein solches Gesetz könnte staatlichen Stellen erlauben, bei Tageszeitungen wie The Sun Berichte zu zensurieren. Großbritannien, einst ein allseits bewundertes Vorbild für Demokratie, wird sich in ein Symbol der Repression und Geheimhaltung verwandeln. Wut und Revanchelüste dürfen die dreihundertjährige Geschichte der Pressefreiheit nicht in Frage stellen.

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