Nach einem aufgeschobenen Gipfel und einer Nacht voller Tischkantengespräche und Diskussionen, in welchen nationale Interessen über allen anderen Betrachtungen überwogen, hatten die EU-Staats- und Regierungschefs keine andere Wahl. Sie mussten zu einem Abkommen über den EU-Haushalt 2014-2020 kommen.
Dieser EU-Gipfel war ein reines „Feilschen und Jagen nach dem guten Geschäft“, meint die Trouw. Die niederländische Tageszeitung erinnert daran, dass der Druck, um zum Konsens zu kommen, zwar stark war, die führenden Politiker jedoch auch die Erklärungen fürchteten, die sie ihrer Bevölkerung geben müssen:
Sie wollen das Problem bewältigen, denn die Glaubwürdigkeit der EU steht auf dem Spiel. Zudem ist dieser langfristige Haushalt eine Grundvoraussetzung, um in Infrastrukturen und Forschungsprojekte investieren zu können. Und alle befürchten, dass es vor 2014 keine andere Chance geben wird. In der Zwischenzeit werden Wahlen in Italien, Großbritannien und in Deutschland stattgefunden haben. Die Regierungschefs wollen zuhause nicht zugeben müssen, dass sie beim Kuhhandel zuviel aufgegeben haben.
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In diesem Kontext haben die Europäer, „um ihre budgetären Streitigkeiten zu beenden, beschlossen, eine subtile Unterscheidung zwischen den versprochenen und den wirklich getätigten Ausgaben zu treffen“, erklärt Le Monde:
Die Europäer unterscheiden wie nie zuvor zwischen Zahlungsverpflichtungen, die auf 960 Milliarden Euro reduziert wurden, und effektiv zu leistenden Zahlungen, die mit 908,4 Milliarden Euro angesetzt wurden. Diese Differenz [...] nimmt diesmal außerordentliche Proportionen an. Und zum ersten Mal in der Geschichte des europäischen Aufbaus sind sowohl die einen als auch die anderen im Vergleich zum Zeitraum 2009 bis 2013 rückläufig.
Das Ergebnis des Gipfeltreffens könnte „ein Sieg für Großbritannien und der Nettobeitragszahler des EU-Haushaltes“ sein, schreibt El País. Die Tageszeitung aus Madrid bezeichnet den vom EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy vorgestellten Kompromiss als „phantasievolles Spiel des Rechnungswesens“ und bedauert, dass —
... in den beiden Monaten, die seit dem letzten ergebnislosen EU-Gipfel zum Budget vergangen sind, nichts unternommen wurde, um die Positionen aufzulockern. Ganz im Gegenteil. Jeder ist noch stursinniger geworden. Jegliche pro-europäische Anwandlung ist geschwunden und jedes Land hat verbissen um seine Interessen gekämpft.
In Berlin schreibt Die Welt , dass das Ergebnis „im Rahmen des Erwartbaren kein allzu schlechtes“ sei. Die Tageszeitung, die die Erhöhung des EU-Haushaltes durch Steuergelder kritisch sieht, begrüßt daher im Besonderen die Kürzungen beim „Dino unter den Fördertöpfen der EU“: den Agrarhilfen.
Der seit Jahrzehnten andauernde Versuch, per Subventionierung die Lebensverhältnisse in der EU anzugleichen, steht nun etwas mehr im Zeichen der Förderung von Chancen für Unternehmer anstatt der Wahrung von Besitzständen für Regionalpolitiker.
Damit dieser Kompromiss aber umgesetzt werden kann, muss er vom EU-Parlament abgesegnet werden, warnt Le Monde. Dieses gilt es zu überzeugen:
Sein Präsident Martin Schulz empört sich über die vom britischen [Premier] David Cameron geforderten Sparmaßnahmen. Er könnte den allzu großen Unterschied zwischen den Kreditzusagen und -auszahlungen kritisieren. Für ihn kommt der Kompromiss dem Aufbau von Defiziten gleich, da die tatsächlichen Zahlungen im Laufe der Jahre nicht unbedingt finanziert werden.