Nachrichten Östliche Partnerschaft

Die EU darf nicht aufgeben

Nach dem gescheiterten Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine darf die EU nicht auch noch das Vertrauen anderer Ostpartner verspielen. Auf dem Gipfel in Vilnius muss sie daher deutlichere politische Signale an Moldawien und Georgien richten.

Veröffentlicht am 27 November 2013 um 16:10

Wann haben zuletzt Demonstranten mit solcher Inbrunst das Sternenbanner der Europäischen Union geschwenkt? In den Fünfzigerjahren, an der deutsch-französischen Grenze? 1989 und danach, in den „samtenen” Revolutionen von Bukarest bis Tallinn? Jetzt also bei Demonstrationen in der Ukraine, und vor wenigen Wochen in der Republik Moldau. Dort ist „Europa” noch ein Synonym für Hoffnung. Um es präziser zu sagen: für erstens Wohlstand, zweitens Sicherheit und drittens Freiheit. Drei Zustände, die allen Menschen lieb und teuer sind.

Die Kundgebungen in der Moldau sprachen von Zuversicht. Jene in den ukrainischen Städten trugen die Farben Trauer und Zorn. Am Freitag wird die EU auf einem Gipfeltreffen in Litauen, das die Ratspräsidentschaft innehat, über ein Projekt Bilanz ziehen, dessen Name bisher mehr verspricht, als in Wirklichkeit stattgefunden hat: die östliche Partnerschaft. Damit sollten die Staaten im Osten Europas näher an die EU angebunden werden. Russland hat sofort abgewunken. Von den Kaukasusrepubliken ging das rohstoffreiche, autoritär regierte Aserbaidschan auf Distanz zum Projekt, jetzt auch das stark auf Russland angewiesene Armenien. Ebenso das im Grunde diktatorisch beherrschte Weißrussland.

Mit den übrigen drei Staaten – Ukraine, Georgien, Moldau – hat die EU Assoziierungsabkommen ausgehandelt. Es sind weitgehende Dokumente, die eine Rechtsangleichung vorsehen (der östlichen Nachbarn an die westlichen), dazu die Festigung von Demokratie und Marktwirtschaft und schließlich mehr Freihandel, weniger Zölle. Da kann doch niemand etwas dagegen haben? Weit gefehlt. Vielmehr bewahrheitete sich die alte Weisheit: Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.

Gegenmeinung

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Niemand darf gezwungen werden

Seien wir ehrlich: Es ist nicht nur die Politik Moskaus, sondern es sind auch Programme wie die Östliche Partnerschaft, die zum geopolitischen Tauziehen geführt haben“, schreibt die belgische Politologin Ria Laenen in der Tageszeitung De Standaard. Nach den Wahlen von Georgi Margwelaschwili, so denkt sie, „wird der bedingungslos pro-europäische Kurs, wie wir ihn unter Michail Saakaschwili kannten, beendet sein.“ Doch sei dies nicht zwangsläufig eine schlechte Sache:

Anstatt uns auf die wachsende Selbstsicherheit zu konzentrieren, mit der Russland die Länder Eurasiens in seinen Einflussbereich zurückbringt, sollten wir vor allem erkennen, dass es an der Zeit ist, die Signale, welche die EU an diese Länder sendet, neu zu definieren. [...] Müssen wir sie zwingen, sich zwischen Moskau und Brüssel zu entscheiden? [...] Mit dieser Wahl hat das georgische Volk deutlich gemacht, dass es eine Normalisierung der Beziehungen mit dem großen Nachbar Russland wünscht. [...] Ein erster Schritt wäre es, anzuerkennen, dass auch die EU geopolitische und mehr noch geoökonomische Interessen in diesen Ländern hat. Erstens, weil sie Erdgas und Erdöl fördern — wie Aserbaidschan — oder weil sie — wie Georgien — eine wichtige Rolle als Transitländer für Pipelines spielen.

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